Bericht aus Mömbris
Am 26. März 1934 erstattet die Gendarmerie Mömbris folgenden Bericht über die „Politische und wirtschaftliche Lage“:
Über die durch die NS Hago im Kahltal-Boten Nr.66 angekündigte Juden-Boykottierung wurden im hies[igen] Dienstbezirk folgende Feststellungen gemacht:
In keinem hies[igen] Orte wurden Plakate mit dem Inhalte ''Wer bei Juden kauft ist ein Volksverräter usw.'' wahrgenommen. Es waren lediglich solche Plakate mit dem Hinweis zur Unterstützung des deutschen Handwerks in den einzelnen Orten öffentlich angebracht. [...]
Am Samstag, den 24.III.1934, abends um 8 Uhr, hat dann in den einzelnen Orten ein Fackelzug mit anschließender Ansprache stattgefunden. Hierbei haben sich in der Hauptsache die SA , die HJ , der BdM . und ein Teil der Geschäftsleute beteiligt. Während des Fackelzuges fanden insbesondere in Mömbris, von der SA, HJ u. BdM Sprechchöre mit dem Inhalte statt, daß diejenigen, die bei Juden kaufen würden, Volksverräter seien und daß der Deutsche wieder in deutschen Geschäften kaufen solle. Die Ansprache am Schlusse des Fackelzuges bildete einen Appell an die sämtlichen Volksgenossen dahingehend, daß das deutsche Handwerk zu unterstützen und daß ferner Arbeitsmöglichkeit zu schaffen sei.
Am Sonntag, den 25.III.1934, abends, fand im Saale des Gastwirtes Grünwald in Mömbris eine Werbeversammlung für den Handwerker und Gewerbetreibenden statt, bei welcher 2 Referenten aus Würzburg sprachen. Bei der Versammlung wurde auch die Judenfrage behandelt und darauf hingewiesen, daß dem Juden nichts abzukaufen sei, denn dieser kenne nur seinen eigenen Vorteil und habe sohin für das Vaterland nichts übrig.
Über diese Juden-Boykottierung merkt man bei einem Teil der hies[igen] Bevölkerung soweit äußerste Zurückhaltung. Dies hat seinen Grund offensichtlich darin, daß noch ein großer Teil der hies[igen] Bevölkerung bei den Juden in Schulden steckt. Der Jude hat eben bis dort hinaus der Bevölkerung geborgt.