Bericht aus Alzenau
Am 26. März 1934 erstattet die Gendarmerie Alzenau folgenden Bericht über die „Politische und wirtschaftliche Lage“:
Anläßlich des Beginns der II. Arbeitsschlacht im ganzen Deutschen Reich war im Kahltal-Boten v. 20.3.34 von dem Kreisamtsleiter der NS-Hago Schneider in Kahl a. M. ein Aufruf erlassen, worin u.a. auch auf die Boykottierung der jüdischen Geschäfte hingewiesen wurde in der Weise, daß die Häuser, Werkstätten und Arbeitsplätze zu schmücken und dabei Transparente mit der Aufschrift: ''Wer bei Juden kauft ist ein Volksverräter'' anzubringen sind. Wie nun beobachtet werden konnte, sind in Alzenau derartige Transparente nicht angebracht worden. Dagegen waren in der Ortschaft Michelbach an zwei Stellen längliche Plakate, die auf der einen Seite die Aufschrift: ''Grundmauern des Staates sind gesunder Einzelhandel und gesundes Handwerk'' und auf der anderen Seite die Aufschrift: ''Wer bei Juden kauft ist ein Volksverräter, bzw. die Juden sind unser Unglück'' trugen, quer über die Straße gespannt waren. Bei dem am Samstag den 24.3. d. Jhs. 8 Uhr in Alzenau stattgefundenen Fackelzug wurde von dem Jungvolk ein Transparent mit der Aufschrift: ''Unsere Eltern kaufen nicht bei Juden'' mitgetragen. Am Schlusse des Fackelzuges hatten die Teilnehmer am alten Sportplatz dahier Aufstellung genommen und wurde dort, bevor Rechtsanwalt Dr. Bauer von hier seine Ansprache hielt, von einem Sprechchor des Jungvolks vorgetragen, das soviel verstanden werden konnte, folgenden Wortlaut hatte: ''Du willst ein Deutscher sein, und kaufst beim Juden ein, trägst Deinen kargen Wochenlohn, zu Isaak und Davidsohn!''. Rechtsanwalt Dr. Bauer hatte an dem Hause in welchem er wohnt, ein langes Plakat angebracht mit der Aufschrift: ''Ein Deutscher Rechtsanwalt vertritt keinen Juden!'' Sonst ist von einer Boykottierung der jüdischen Geschäfte nichts bekannt geworden.