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Chronik und Quellen
1945
Mai 1945

Hoffnung auf schnelle Hilfe

Franz Lippmann bedankt sich bei Kriegsende 1945 bei Max Plaut für die Nachricht über das Schicksal seines Bruders und hofft auf schnelle Hilfe für die überlebenden Juden:

Lieber Dr. Plaut,

Ihr Brief vom 18. Dezember hat mich leider erst recht spät erreicht, da der gewöhnliche Briefverkehr zwischen unseren Ländern im Gegensatz zum Luftverkehr sehr lange dauert. Ich danke Ihnen, auch im Namen meines Bruders in Sydney, dem ich natürlich Ihren Brief eingesandt hatte, für Ihren Bericht. Es hat uns natürlich sehr wohl getan, nun so ausführlich über die letzten Stunden meines Bruders und meiner Schwägerin von Ihnen zu hören und zu wissen, daß Sie, Dr. Wolffsohn und sogar auch Herr Böe noch bis zuletzt mit ihnen zusammen waren. Ich fühle, daß meinem Bruder - der ja gesundheitlich sicher nicht mehr stark genug war, die schweren Jahre zu überstehen, durch seinen Freitod unsagbares und nutzloses Leiden erspart worden ist und der selbstgewählte Tod für ihn wirklich ein Ende der seelischen und körperlichen Leiden und somit das Finden der wohlverdienten Ruhe und des Friedens des Todes bedeutete. Für seine früher so starke und tatkräftige Frau, von der Sie so wenig schrieben, hätte ich mir noch ein Überleben all der Leiden und von Theresienstadt vorstellen können. Jedenfalls danke ich Ihnen, l[ieber] Dr. Plaut, von Herzen für alles, was Sie für die lieben Verstorbenen getan haben. Besonderen Dank auch für Ihre Mitteilungen über Herrn Böe und auch über den Verkauf der Einrichtung etc. an den Sekretär Behn etc. Wer weiß, ob wir noch jemals von diesen etwas hören werden und was überhaupt von den Menschen und den Werten die jetzigen Kämpfe um Hamburg überleben wird, nachdem die Naziverbrecher nicht ruhen, bevor sie nicht ganz Deutschland zerstört und vernichtet haben. Mit dem Retten von in Deutschland geraubten und zurückgelassenen Vermögen, wird es befürchte ich - nicht weit her sein. Ich hoffe aber mit Ihnen, daß es Ihnen - wie Sie hoffen - noch gelingen wird, genügend zu retten, um sich dort eine neue Existenz zu gründen. Mir ist das bisher leider auch nicht recht geglückt, denn können wir uns alle ja glücklich schätzen, ein neues Heimatland und ein neues Leben gefunden zu haben, selbst wenn es schwerer als dasjenige ist, was wir mal geführt haben. Wenn Sie mir gelegentlich noch etwas über das Leben und die Tätigkeit meines Bruders in den letzten Jahren berichten könnten, wäre ich Ihnen dankbar, damit ich sein Lebensbild ganz abrunden kann. Wissen Sie, was aus John Hausmann & seiner Frau geworden ist?

12. Mai 1945

Leider ist dieser Brief hier verzögert worden und komme ich erst heute dazu, ihn zu beendigen. Inzwischen ist die Niederlage unserer Feinde besiegelt worden und der Krieg in Europa und damit hoffentlich auch die unsagbaren Leiden unserer armen Glaubensgenossen bald beendigt. Ich hoffe nur, daß es möglich ist, den Überlebenden bald die notwendige Hilfe und Freiheit und Lebensmöglichkeiten zu bringen und daß ihnen die dafür notwendigen und jetzt noch verschlossenen Grenzen schnell und rechtzeitig geöffnet werden. Ihnen selbst wünsche ich von Herzen alles Gute.

Herzlichst Ihr

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