Jüdische Häftlinge als Kriegsgefangene?
Am 25. Januar 1945 veröffentlich die Jewish Telegraphie Agency einen Artikel über die Forderung der USA an das Deutsche Reich, jüdischen Häftlingen den Status von Kriegsgefangenen einzuräumen:
Berichte der US-Regierung über Hilfsmaßnahmen für überlebende Juden in deutschen Lagern
Der Assistant Secretary of State Archibald MacLeish hat in einer heute veröffentlichten Erklärung gegenüber dem Jewish Labor Committee betont, dass die Regierung der Vereinigten Staaten alles in ihrer Möglichkeit Liegende unternehmen wird, um die Bedrohung für die überlebenden Juden im besetzten Europa zu reduzieren, und sich fortwährend bemüht, die deutsche Regierung zu veranlassen, den internierten Juden den Status von Zivilinternierten zu gewähren und sie ähnlich wie Kriegsgefangene zu behandeln.
Die Erklärung erfolgte als Reaktion auf einen Appell, den das Jewish Labor Committee an das Außenministerium gerichtet hatte und in dem die US-Regierung dringend aufgefordert wurde, die verbliebenen Reste des jüdischen Volks, die in deutschen Konzentrationslagern interniert sind, unverzüglich zu retten. Hier der Wortlaut:
„Das War Refugee Board ist in Zusammenarbeit mit dem Außenministerium in jeder erdenklichen Weise bemüht, die deutschen Behörden zu veranlassen, den in den Konzentrationslagern festgehaltenen Gefangenen den Status von Zivilinternierten zuzuerkennen und sie gemäß der Genfer Konvention Kriegsgefangenen gleichzustellen. Zivilinternierte sind bekanntlich Staatsangehörige einer feindlichen Macht, die aufgrund ihrer Nationalität von der Regierung, auf deren Territorium sie sich aufhalten, gefangen genommen werden.
Alle entsprechenden Interventionen seitens der Schutzmacht Schweiz und des Vatikans wurden von den Deutschen bislang mit der Begründung abgelehnt, der Umgang mit diesen Flüchtlingen liege in der Zuständigkeit der inneren Verwaltung. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die deutsche Regierung Staatsangehörige europäischer Mitgliedsländer der Vereinten Nationen, deren Territorium sie bis vor kurzem noch besetzt hielt, grundsätzlich nicht als Zivilinternierte anerkennt.
Humanitär weit mehr erreicht wurde mit dem Versand von Lebensmittelpaketen durch das Internationale Rote Kreuz in die wachsende Anzahl von Konzentrationslagern. Das Internationale Rote Kreuz hat Zugang zu vielen, wenn auch leider nicht zu allen Konzentrationslagern im besetzten Europa. Einige Lager in Polen werden noch immer nicht erreicht. Die Bedingungen für die Zustellung von Lebensmittelpaketen werden ständig geändert, und nur dank des Einfallsreichtums des Roten Kreuzes gelingt es, im Rahmen der Möglichkeiten viele Lager zu erreichen. Unser Ministerium gewährt dem Internationalen Roten Kreuz dabei jede denkbare Unterstützung.
Weitere Warnungen an die Deutschen, Verfolgung, Deportationen und Vernichtungsaktionen einzustellen, müssen zeitlich und in Bezug auf die Gegebenheiten indessen genau abgewogen werden. Bekanntlich hat General Eisenhower kürzlich eine solche Warnung ausgesprochen. Sie können versichert sein, dass entsprechende Mittel im Hinblick auf ihre Erfolgsaussichten ständig erörtert werden. Wie wir alle wissen, wird die Befreiung der Unterdrückten Europas in erster Linie durch unsere Streitkräfte erfolgen müssen, indem sie diejenigen vernichten, die für die Grausamkeiten an den unschuldigen Opfern verantwortlich sind.“