Keine öffentliche Fürsorge für Mischehen
Der Reichsinnenminister teilt den Oberbürgermeistern am 29. September 1944 mit, dass in „Mischehe“ lebenden Juden keine öffentliche Fürsorge gewährt wird:
Betrifft: Fürsorge für Juden
Auf die Berichte vom 15. Februar und 25. September 1941, 3. Februar 1942 und 13. Januar 1944 - Wohl. l/III 48
Das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 13. April 1939 (RGBl. I, S. 864) enthält als Sondervorschrift lediglich Bestimmungen mietrechtlicher Art. Für die Entscheidung, ob im Falle der Hilfsbedürftigkeit öffentliche Fürsorge zu gewähren oder der Hilfsbedürftige an die Reichsvereinigung der Juden zu verweisen ist, ist nicht das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden, sondern die Vorschriften der Zehnten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 4. Juli 1939 (RGBl. I, S. 1097) heranzuziehen.
Nach § 3 der Zehnten VO. zum Reichsbürgergesetz steht den noch im Reichsgebiet in Mischehen lebenden Juden deutscher Staatsangehörigkeit sowie den staatenlosen Juden der Beitritt zur Reichsvereinigung der Juden frei. Daher sind Anträge dieser Juden auf Gewährung von Unterstützung aus Mitteln der öffentlichen Fürsorge ausnahmslos mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Beitritts zur Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und damit der Erlangung einer Unterstützung aus deren Mitteln abzulehnen. Im übrigen ist der Wohnsitz der Juden, deren deutschblütiger Eheteil verstorben oder deren Mischehe geschieden ist, im allgemeinen nach Theresienstadt verlegt.7 Auch für Juden mit fremder Staatsangehörigkeit ist die Frage der Gewährung öffentlicher Fürsorge nicht mehr praktisch, da diese entweder in Internierungslagern untergebracht oder abgeschoben worden sind.
Abschrift übersende ich zur Kenntnis.