Selbstmord vor Deportation
Die Polizei in Berlin-Wilmersdorf protokolliert am 19. April 1944, dass sich Frieda Lindner aus Furcht vor ihrer Deportation das Leben genommen hat:
Selbstmord durch Erhängen
Betr. Ehefrau Ww. Frieda Sara Lindner,
geb. Süssmann, 10.8.00 Breslau geb.,
Schmargendorf, Davoser Str. 12a vorn II. Tr.
Jude
Es wird gebeten, die Freigabepapiere dem Leichenschauhaus Berlin, Hannoverschestr. 6 einzusenden.
Am 19.4.44, 21 Uhr, wurde die Lindner in ihrer Wohnung, im Schlafzimmer erhängt, von ihrem Sohn Horst Lindner,1.5.25 München geb., bei Mutter wohnh., aufgefunden. Der durch Nachbarn herbeigerufene Arzt Dr. Köbbel, Bl. Halensee, Westfälischestr. 42 wohnh., stellte den bereits eingetretenen Tod fest. Aus hinterlassenem Abschiedsbrief geht hervor, daß unzweifelhaft Selbstmord vorliegt.
Frau Lindner hat vor einiger Zeit ihren Ehemann, der Arier war, durch den Tod verloren. Sie war seit dieser Zeit niedergeschlagen und hat nach Angaben des Sohnes wiederholt Selbstmordversuche unternommen.
Der Sohn, der bei der Mutter wohnt, hat am 19.4. gegen 10 Uhr die Wohnung verlassen. Die Mutter hatte keinerlei Andeutungen gemacht und muß die Tat während ihres Alleinseins ausgeführt haben. Bei der Rückkehr fand der Sohn seine Mutter an einem Haken an der Schlafzimmertür, mit einem Lederriemen erhängt vor.
Grund der Tat ist Furcht vor bevorstehender Evakuierung.
Leiche ist beschlagnahmt, dem Leichenschauhaus Berlin überführt.