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Chronik und Quellen
1943
September 1943

Todesstrafe wegen Kritik am Judenmord

Der Volksgerichtshof verurteilt am 15. September 1943 ein Parteimitglied wegen kritischer Bemerkungen zur Staatsführung und zum Mord an den Juden zum Tode:

Im Namen des Deutschen Volkes

In der Strafsache

gegen den Dentist Wilhelm Weber aus Hannover, geboren am 22. April 1883 in Hannover, zur Zeit in dieser Sache in gerichtlicher Untersuchungshaft,

wegen Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung,

hat der Volksgerichtshof, 1. Senat, auf Grund der Hauptverhandlung vom 15. September 1943, an welcher teilgenommen haben

als Richter:

Präsident des Volksgerichtshofs Dr. Freisler, Vorsitzer,
Landgerichtsdirektor Stier,
SA-Brigadeführer Hauer,
Gauhauptstellenleiter Ahmels,
Ortsgruppenleiter Kelch,

als Vertreter des Oberreichsanwalts:

Erster Staatsanwalt Dr. Gohrisch,

für Recht erkannt:

Wilhelm Weber hat in seiner Dentistenpraxis defätistische Äußerungen getan, einer Patientin dabei sogar gesagt, in vier Wochen lebe der Führer nicht mehr, Sie werden es schon hören! Dadurch hat er unseren Willen zu tapferer Wehr zersetzt und unseren Kriegsfeinden geholfen.

Er ist für immer ehrlos und wird mit dem Tode bestraft.

Gründe:

Der Zahntechniker Wilhelm Weber, Pg. von 1931, hat, wie er zugibt, manchmal Patientinnen gegenüber sich defätistisch geäußert.

Vor allem am 6. August 1943 hatte er mit der Vgn. Frau von Salz folgendes Gespräch: Er fragte sie, ob sie noch an den Sieg glaube; an den Sieg glaube doch heute kaum noch jemand. Die Zeugin konnte wegen der Zahnbehandlung nicht gleich antworten. Er sprach daher weiter und sagte, in unseren Konzentrationslagern herrschten mittelalterlich Foltermethoden, besonders die 175 würden zu hart angepackt. Frau von Salz antwortete nun, sie glaube fest an den Sieg, und die 175er seien nicht krankhafte Menschen, sondern übersättigt und staatsgefährlich. Nun meinte Weber, wir hätten eine Million Juden „ermordet“ und dadurch eine schwere Schuld auf uns geladen, die wir jetzt verantworten müssten. Vergeblich hielt ihm Frau von Salz die englischen Greuel, z. B. im Burenkrieg, vor. Er begann nun unsere Außenpolitik zu kritisieren: Franco hätten wir nicht helfen dürfen, und Rußland sei auch gar nicht gegen uns aufmarschiert gewesen, das wisse er von Soldaten; überhaupt hätte man mit so großen Staaten wie Amerika und Rußland es nicht zum Kriege kommen lassen dürfen.

Er verehre Rudolf Hess.

Bis dahin gibt Weber das Gespräch selbst zu.

Die Vgn. Frau von Salz bekundet weiter, er habe fortgefahren: Heß sei der richtige Mann, der Führer nicht. „Überhaupt, in vier Wochen lebe der Führer nicht mehr. Sie werden es schon hören.“ Das hat Frau von Salz mit solch ruhiger Bestimmtheit bekundet, daß es wahr ist, wenn auch Weber meint, so etwas könnten nur die Worte eines Irrsinnigen sein. Es waren eben die Worte eines Verbrechers.

Das Urteil aber ist gefällt, wenn man die Vgn., die dies erleben mußte, weiter hört: Sie war durch alles, was sie gehört hatte, ganz aufgelöst und sah plötzlich vor dem Führer ein riesengroße Gefahr. Sie hätte diese Gefahr am liebsten laut hinausschreien mögen. Das ist eine packend realistische Schilderung der Wehrkraftzersetzung, die eben darin besteht, daß unsere Zuversicht, unser Glaube an den Sieg aufgelöst wird (§ 5 KSSVO). Wer so etwas tut, muß aus unserer Mitte verschwinden. Er hat sich selbst zum Werkzeug unserer Feinde gemacht, deren ganze Agitation auf die Auflösung unseres Wehrwillens hinzielt (§ 91b StGB). Ein Deutscher als Handlanger unserer Feinde ist für immer ehrlos; erst recht Wilhelm Weber, ein Parteigenosse von 1931!!!

Er mußte deshalb zum Tode verurteilt werden.

Denn wir lassen uns mit dem Glauben an unseren Sieg den Sieg selbst nicht aus den Händen winden.

Als Verurteilter muss Weber die Kosten tragen.

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