Überprüfung von „Mischlingen 2. Grades“
Die Partei-Kanzlei empfiehlt den Gauleitern am 22. August 1943 per Rundschreiben, alle „Mischlinge zweiten Grades“ durch die rassenpolitischen Ämter begutachten zu lassen:
Betrifft: Bewertung der Erbanlagen von jüdischen Mischlingen 2. Grades bei ihrer politischen Beurteilung durch die Partei
An die Gauleiter und Kreisleiter tritt verhältnismäßig häufig die Notwendigkeit heran, sich zu der Eignung eines jüdischen Mischlings 2. Grades für bestimmte Berufe, in denen Mischlinge 2. Grades nur ausnahmsweise verwendet werden dürfen, zu sonstigen Ausnahmeanträgen oder zu der Verwendung eines Mischlings 2. Grades in besonders verantwortlichen oder hervorgehobenen Stellungen zu äußern oder in diesem Zusammenhänge über den Mischling eine politische Beurteilung abzugeben.
Häufig wird von der beurteilenden Stelle in solchen Fällen der Standpunkt vertreten, eine Äußerung zu den rassischen Qualitäten des Mischlings erübrige sich, weil er ja als Mischling bekannt sei und alle Mischlinge 2. Grades nach der Tendenz der Nürnberger Gesetze im allgemeinen gegenüber Deutschblütigen keine Schlechterstellung erfahren sollten. Es ist aber falsch, bei Abgabe solcher Beurteilungen schematisch von der Vorstellung auszugehen, alle Mischlinge 2. Grades wiesen nur zu einem Viertel jüdischen Blutseinschlag auf. Bei der Beurteilung eines jüdischen Mischlings 2. Grades muß man sich vielmehr von der Erkenntnis leiten lassen, daß ein solcher Mischling von seinem halbjüdischen Elternteil weit mehr als ein Viertel des jüdischen Blutes erben kann; ein Mischling 2. Grades kann mithin blutsmäßig im ungünstigsten Fall sogar einem Halbjuden gleichkommen, während es auf der anderen Seite natürlich auch möglich ist, daß er von seinem halbjüdischen Elternteil weniger als ein Viertel des jüdischen Blutes geerbt hat. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten gibt es die verschiedensten Abstufungen, die sich naturgemäß auch im Erscheinungsbild des Mischlings bemerkbar und es verständlich machen, daß der eine Mischling 2. Grades fast wie ein Jude aussieht, während der andere - vielleicht ein Geschwisterteil - keinerlei jüdische Merkmale zeigt. Eine Aussonderung der Mischlinge nach ihrem äußeren Erscheinungsbild gibt erfahrungsgemäß die Gewähr dafür, daß dadurch mit größter Wahrscheinlichkeit auch eine Auslese nach den sonstigen, nach außen nicht in Erscheinung tretenden Erbanlagen getroffen wird.
Die im Ergebnis der rassenbiologischen Beurteilung mehr zu den Halbjuden hinneigenden Mischlinge sollen ebenso wie die jüdischen Mischlinge 1. Grades von solchen Berufen ferngehalten werden, für deren Ausübung besondere Anforderungen an die Reinblütigkeit gestellt werden müssen und die nur ausnahmsweise für Mischlinge 2. Grades zugänglich sein sollen; ebenso sollen solche negativ zu bewertenden Mischlinge 2. Grades nicht in besonders hervortretende oder besonders verantwortungsvolle Stellungen gebracht werden.
In allen Fällen, in denen ein jüdischer Mischling 2. Grades auf seine Eignung und Würdigkeit für eine Ausnahmebehandlung beurteilt werden soll, ist daher zunächst zu prüfen, ob er auf Grund seines rassischen Erscheinungsbildes als tragbar erscheint, d. h. nicht zu solchen Mischlingen 2. Grades zu rechnen ist, bei denen der jüdische Blutseinschlag stärker in Erscheinung tritt. Erst wenn in dieser Hinsicht keine Bedenken gegen die Person des zu Beurteilenden vorliegen, ist auf seine sonstige Eignung einzugehen. Bei jüdischen Mischlingen 2. Grades, die aus einer sog. Bastardehe stammen, d. h. einer Ehe, deren Partner beide jüdische Mischlinge sind (z. B. der Vater ist Mischling 2. Grades, die Mutter Mischling 1. Grades) kann auch ohne nähere Prüfung des rassischen Erscheinungsbildes ohne weiteres angenommen werden, daß der jüdische Blutsanteil überwiegt. Bei solchen Mischlingen ist immer gegen eine Ausnahmebehandlung Stellung zu nehmen. Da die Bewertung der Erbanlagen jüdischer Mischlinge bestimmte rassen- und erbbiologische Kenntnisse voraussetzt, ist bei allen politischen Beurteilungen von jüdischen Mischlingen die Beteiligung des jeweils zuständigen rassenpolitischen Amtes bei den Gauleitungen unbedingt erforderlich.
Es wird gebeten, in Zukunft bei der politischen Beurteilung jüdischer Mischlinge nach diesen Richtlinien zu verfahren.