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Chronik und Quellen
1943
Juni 1943

Antrag auf Anerkennung als „Mischling“

Am 12. Juni 1943 beantragt Willy Meyer aus Berlin bei der Staatsanwaltschaft Berlin, seine Ehefrau Clara als „Mischling ersten Grades“ anzuerkennen“

Antrag des Herrn Dr. Willy Meyer
Berlin W 15, Darmstädter Straße 2
vertreten durch
Justizrat Dr. G. Bollert
Berlin NW 87, Brückenallee 7

auf Anfechtung der Ehelichkeit seiner Frau.

Auf Grund der anliegenden Prozessvollmacht beantrage ich namens des Antragstellers: die Ehelichkeit seiner am 28.5.1893 geborenen Ehefrau Clara Meyer geb. Freund anzufechten. Nach den überreichten 3 eidesstattlichen Versicherungen und dem Gutachten des Medizinisch-Diagnostischen Instituts Dr. Schmidt-Burbach vom 10.6.1943 kann als erwiesen gelten, daß Frau Meyer nicht Jüdin, sondern Mischling ersten Grades ist und als Erzeuger nicht Herr Adolf Freund, sondern der deutschblütige Karl Gressner anzusehen ist.

Ich bitte wenn irgend möglich die Anfechtungsklage unverzüglich einzuleiten, da nach verbürgten Gerüchten jetzt auch die nichtarischen Partner aus Mischehen vor ihrer Evakuierung stehen, insbesondere wenn aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind. Dieser Abtransport würde eine seit 11.8.1921 bestehende glückliche Ehe zerreißen und dadurch die schwersten Folgen auch für den Antragsteller nach sich ziehen.

Der Antragsteller ist Frontkämpfer aus dem ersten Weltkrieg, Reserveoffizier, und bis 1933, dem Beginn der Judengesetzgebung, als Dezernent und Abteilungsdirektor im Berliner Pfandbriefamt tätig gewesen und bekleidet jetzt eine leitende Stellung in der Industrie.

Die Anfechtungsklage würde außerdem die Voraussetzung der Einziehung des Herrn Dr. W. Meyer zur Wehrmacht (Res.Offz.) schaffen, was nach dem geltenden Wehrrecht nur möglich ist, wenn seine Frau als arischer Mischling anerkannt wird.

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