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Chronik und Quellen
1939
Februar 1939

Erste Tagung der „Reichszentrale für die jüdische Auswanderung“

Am 11. Februar 1939 findet im Berliner Gestapa unter Leitung von Reinhard Heydrich die 1. Arbeitsbesprechung der „Reichszentrale“ statt, deren Inhalte in folgendem Protokoll festgehalten werden:

Eine besondere Aufgabe der Reichszentrale sei die Förderung der Auswanderung minderbemittelter Juden durch entsprechende Unterstützung. Zu diesem Zweck müßten alle bisher von den verschiedensten Stellen erhobenen Fonds einheitlich zusammengefaßt werden und das gesamte Verfahren einheitlich für das ganze Reich neu geregelt werden. [. . .]

SS-Gruppenführer Heydrich ging sodann auf die Heranziehung der Judenschaft selbst zur Lösung der Auswanderungsfrage ein. Man habe zunächst einmal die Juden in einer Reichsvereinigung aller Rassejuden zusammengefaßt, durch die einmal die Juden selbst zur Auswanderung vorbereitet werden sollen und der man u.a. auch das gesamte jüdische Schulwesen und Fürsorgewesen übertragen wolle. Über diese Reichsvereinigung könne man auch Verbindungen zu ausländischen jüdischen Organisationen aufnehmen lassen, um eine verstärkte Auswanderung aus Deutschland zu erzielen.

SS-Gruppenführer Heydrich behandelte ferner die technische Durchführung der Auswanderung im einzelnen. Aufgabe der Reichszentrale wäre es, das gesamte bisherige Verfahren, das in vielen Punkten gegeneinander liefe, einheitlich auszurichten und für den Juden möglichst einfach zu gestalten. Alsdann sollten genaue Richtlinien aufgestellt werden, die für alle mit der Auswanderung befaßten Stellen maßgebend sein sollten. Für die Sicherung des reibungslosen Verfahrens bei der Durchführung der Auswanderung nach diesen Richtlinien sollten im allgemeinen die Staatspolizeistellen die Führung übernehmen. An den Hauptplätzen, an denen die Juden konzentriert lebten, sollten nach dem Muster von Wien Zentralstellen für die jüdische Auswanderung geschaffen werden. In Aussicht genommen seien solche Zentralstellen für Berlin, Breslau, Frankfurt/Main und Hamburg. Bei diesen Zentralstellen würden die Juden sozusagen am laufenden Band abgefertigt werden. (…)

SS-Gruppenführer Heydrich stellte schließlich noch zur Erörterung die Frage der illegalen Auswanderung der Juden nach Palästina. Er führte aus, daß an sich zwar grundsätzlich gegen jede illegale Auswanderung Stellung genommen werden müßte. Bei Palästina lägen die Dinge jedoch so, daß dorthin bereits z. Zt. aus vielen anderen europäischen Ländern, die selbst nur Durchgangsländer wären, illegale Transporte gingen und unter diesen Umständen auch von Deutschland, allerdings ohne jede amtliche Beteiligung, diese Gelegenheit wahrgenommen werden könnte. Herr Vortragender Legationsrat Hinrichs und Gesandter Eisenlohr vom Auswärtigen Amt hatten hiergegen keine Bedenken und vertraten den Standpunkt, daß jede Möglichkeit, durch die ein Jude aus Deutschland gebracht werden könnte, ausgenutzt werden sollte.

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