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Chronik und Quellen
1942
März 1942

Bericht aus Münster

Der Inspekteur von Sicherheitspolizei und SD in Düsseldorf berichtet am 3. März 1942 zum Thema „Zusätzliche Zuteilung von Lebensmitteln an Juden aufgrund ärztlicher Atteste“:

Von der Staatspolizeistelle Münster erhielt ich den nachfolgenden Bericht:

''Wie hier festgestellt werden konnte, erhält ein sehr großer Teil der im Stadtgebiet Münster noch verbliebenen Juden aufgrund ärztlicher Atteste zusätzliche Lebensmittel, und zwar in Mengen, die dem gesunden Volksempfinden im höchsten Maß zuwiderlaufen. So erhalten Juden wegen der verschiedensten Erkrankungen wie Herzschwäche, Arterienverkalkung, Zuckerkrankheit nicht etwa geringe Zusatzmengen an Lebensmitteln, sondern in den meisten hier festgestellten Fällen die seitens des Ernährungsamtes überhaupt zulässigen Höchstmengen. Zusatzmengen für eine Woche von sieben Eiern, 160 Gr. Butter, 400 Gr. Fleisch, 100 Gr. Speck und Milch sind keine Seltenheit.

Wenn auch formell nach dem Erlaß des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft vom 11.3.1940 -II C 1-940-Ziff. 1 Abs. 2 die Bestimmungen für Kranke, gebrechliche Personen, werdende und stillende Mütter und Wöchnerinnen auch für Juden gelten, hat doch die hiesige Bevölkerung kein Verständnis dafür, daß deutsche Ärzte noch heute kranken Juden die Notwendigkeit derartiger Zusatzmengen an Lebensmitteln bescheinigen. Hinzu kommt noch, daß die hiesige Ärztekammer gem. den gesetzlichen Vorschriften die Genehmigung zur Ausstellung in jedem Falle erteilen muß und in den festgestellten Fällen auch erteilt hat. Die Bevölkerung versteht es schon kaum, daß die Juden als die Urheber des Krieges und der damit verbundenen Lebensmittelknappheit bezüglich der Lebensmittelrationen, mit Ausnahme der Sonderzuteilungen, den deutschen Volksgenossen überhaupt gleichgestellt sind. Um so wept gleichgestellt sind. Um so wegebracht, daß ihnen außerdem in Krankheitsfällen noch derartige Mengen zusätzlich zugebilligt werden. Es fehlt nicht an Stimmen, die betonen, daß durch diese Maßnahme die jüdische Rasse, deren Rassegenossen Kaufmann aus Amerika die Unfruchtbarmachung aller Deutschen und die totale Vernichtung Deutschlands, nur noch künstlich hochgezüchtet werde. In diesem Zusammenhang wird daran erinnert, daß den deutschen Volksgenossen über 70 Jahre die tägliche Milchration von 1/4 l gekürzt wurde, und daß es überhaupt für einen Deutschen nur mit den größten Schwierigkeiten möglich sei, in Krankheitsfällen überhaupt zusätzliche Lebensmittel zu bekommen.

Von den Ärzten des Stadtgebiets Münster sind es besonders folgende, die den jeweiligen Krankheitsfall des Juden als äußerst kraß bescheinigen:

1. Frau Dr. med. Königshaus, Münster. Sie bescheinigte Zusatzmengen von 3 Eiern, 400 Gr. Fleisch und 160 Gr. Butter für eine Woche.
2. Dr. med. Freusberg, Münster. Er bescheinigte Mengen wie 125 Gr. Butter, 5 Eier, 3 1/3 l Milch.
3. Dr. med. Schulte, Münster. Er bescheinigte Mengen von 125 Gr. Butter, 300 Gr. Fleisch und 100 Gr. Speck.
4. Dr. med. Hesse, Münster. Er bescheinigte wöchentlich Zusätze von 5 Eiern, 400 Gr. Fleisch und 160 Gr. Butter.
5. Dr. med. Hölscher, Münster. Er bescheinigte wöchentlich 7 Eier und 160 Gr. Butter.

Hierbei muß ich bemerken, daß sich die Höchstmengen für Kranke auf wöchentlich 500 Gr. Fleisch, 160 Gr. Butter und 5 1/4 l Milch belaufen.

Es ist veranlaßt worden, daß den kranken Juden in Münster vorerst jegliche Sonderzuteilung von Eiern und von Butter in einer Menge von wöchentlich mehr als 125 Gr. gestrichen werden.

Meine Ermittlungen erstrecken sich vorerst nur auf das Stadtgebiet Münster. Die Feststellungen über die Verhältnisse in meinem übrigen Dienstbereich sind noch im Gange.

Es wäre am besten, wenn der Reichsernährungsminister die Juden überhaupt von dem Genuß zusätzlicher Lebensmittel ausschließen würde. Falls das in dieser generellen Form nicht möglich ist, müßten die Ärzte und auch die Ärztekammern angewiesen werden, bei Juden den allerschärfsten Maßstab anzulegen. M.E. ist es bedauerlich, daß es heute noch nötig ist, den Ärzten überhaupt derartige Anweisungen zu geben.''

Ich bitte im dortigen Bereich festzustellen, ob ähnliche Verhältnisse bezüglich der Belieferung zusätzlicher Lebensmittel an Juden dort vorliegen. Ich bitte, das Erforderliche zu veranlassen und über die Ergebnisse evtl. an das Reichssicherheitshauptamt - nachrichtlich an mich - zu berichten.

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