Die SD-Hauptaußenstelle Bielefeld berichtet:
Der SD teilt am 30. September 1941 in seinem „Lagebericht“ aus Bielefeld und Paderborn mit:
Kennzeichnung der Juden
Konnte im Lagebericht vom 16.9. gemeldet werden, daß die Polizeiverordnung, wonach Juden neuerdings mit einem Davidstern gekennzeichnet sein müssen, in allen Bevölkerungsschichten mit Genugtuung aufgenommen wurde, so macht sich doch jetzt schon eine Kritik an einzelnen Punkten der Ausführungsbestimmungen bemerkbar.
Es ist weiten Kreisen der Bevölkerung unverständlich, warum Juden, die mit Arierinnen verheiratet sind bezw. umgekehrt , nicht verpflichtet sind, diese Kennzeichnung zu tragen. Man spricht bereits davon, es gäbe in Deutschland jetzt zwei Sorten Juden, nämlich arische und nichtarische. Zur Beleuchtung dieser nach Ansicht weiter Kreise unhaltbaren Zustände seien nachstehend einige krasse Beispiele angeführt.
In Minden wohnt der Polsterer Brandmüller, der mit einer Jüdin verheiratet ist. B. erzählt überall, daß er als zweifacher Kriegsteilnehmer - er hat den Weltkrieg mitgemacht und war auch in diesem Kriege ein Jahr lang eingezogen - bezüglich seiner Frau besondere Rechte habe. Dies sei ja auch eine Selbstverständlichkeit, denn wenn der Staat von ihm Pflichten verlange, müsse er ihm auch gewisse Rechte zubilligen. Deshalb könne sich seine Frau überall frei bewegen, sie dürfe Gaststätten, Kinos usw. besuchen und brauche auch den Judenstern nicht zu tragen. Das Verhalten dieses Mannes wirkt in der Öffentlichkeit derartig provozierend, daß damit zu rechnen ist, daß ihm von der Bevölkerung demnächst ein gehöriger Denkzettel verabreicht wird. Zur besonderen Kennzeichnung des B. sei noch bemerkt, daß er vor dem Kriege vorhatte, mit seiner Frau Deutschland zu verlassen, aus irgendwelchen hier nicht bekannten Gründen aber davon Abstand nahm. Volksgenossen, die von diesem Vorhaben des B. unterrichtet waren, fragen sich jetzt, wie B. wohl, wenn ihm die seinerzeitige Emigration geglückt sei, heute gegen Deutschland hetzen würde.
In Beverungen hat ein Jude kurz vor Inkrafttreten der Nürnberger Gesetze eine Arierin geheiratet. Aus dieser Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Der Mann ist innerlich und äußerlich Jude schärfster Prägung und seine Frau wird, weil sie den Juden noch nach 1933 geheiratet hat, von der Bevölkerung verachtet und abgelehnt. Es ist der Bevölkerung von Beverungen einfach unerklärlich, warum der Ehemann als Volljude den Stern nicht zu tragen braucht.
Ein weiterer Fall wird aus Warburg gemeldet, wo die jüdische Ehefrau eines Ariers ebenfalls das Judenabzeichen nicht zu tragen braucht. Hier tritt die Lücke in der Verordnung zur Kennzeichnung der Juden besonders kraß in Erscheinung, weil es den Juden in Warburg verboten ist, den Bürgersteig zu benutzen. Geht nun diese genannte Jüdin auf dem Bürgersteig, so erregt sie Ärgernis bei denjenigen Volksgenossen, die sie kennen, benutzt sie den Bürgersteig aber nicht, so erregt sie Aufsehen, weil sie den Davidstern nicht trägt.
Es wird von der Bevölkerung verlangt, daß diese Lücke in der Verordnung zur Kennzeichnung der Juden schnellstens geschlossen wird, und man alle Juden, ganz gleich, ob sie mit Ariern verheiratet sind oder nicht, zwingt, den Davidstern zu tragen, zumal es den Juden bis auf wenige Einzelerscheinungen sämtlich unangenehm ist, wie laufend beobachtet werden konnte, auf diese Art und Weise gekennzeichnet zu sein. [...]
Film
Aufnahme des laufenden Filmprogramms
Zum laufenden Filmprogramm liegen aus dem Bereich der Hauptaußenstelle von den Außenstellen Detmold, Paderborn und Bielefeld folgende Stellungnahmen vor: [...]
Paderborn
Der Film ''Die Rothschilds'' fand bei keineswegs über dem Durchschnitt liegenden Besucherzahlen unterschiedliche Aufnahme: in konfessionell gebundenen Kreisen hat der Film wenig Eindruck hinterlassen, außer Bemerkungen, ob das so alles stimme, wurden keine kritischen Äußerungen gehört, während Aufnahme und Beurteilung des Judenfilmes in nationalsozialistischen Kreisen durchwegs gut sind. Als Höhepunkte wurden zwei Szenen bezeichnet: Die Auseinandersetzung der aus Irland stammenden Bankierfrau mit den Clubgenossen ihres Ehegatten, in der das irische Empfinden gut zum Ausdruck gekommen sei, ferner nachdem der Jude Rothschild sich die Finanzmacht in London ergaunert hatte, seinen Ausruf: ''Mein Waterloo'', diese Szene stell die Summe der jüdischen Gedankengänge dar. Treffend seien der jüdische Charakter und derjenige der englischen Plutokraten gekennzeichnet worden. Selbst der Soldat, der sein Leben für sein Vaterland einsetzte, sei in diesen Kreisen nichts anderes als eine Schachfigur.