Bericht aus Siegburg
Der Bürgermeister von Siegburg berichtet am 4. Juni 1941 zum Thema „Zusammenlegung von Juden in der Stadt Siegburg“:
In der Stadt Siegburg wohnen z.Zt. noch 82 Juden in 21 jüdischen Häusern. An Wohnraum stehen diesen Juden 108 Zimmer zur Verfügung. In Anbetracht der außerordentlich großen Wohnungsnot in Siegburg kann es nicht verantwortet werden, daß die jüdischen Familien durchweg in besseren Wohnungen leben, als arische Familien in gleichen Verhältnissen. Der große den Juden zur Verfügung stehende Wohnraum hat es auch mit sich gebracht, daß noch zehn arische Mietparteien in jüdischen Häusern gemeinsam mit Juden wohnen. Um diesen unhaltbaren Zustand zu beseitigen, beantrage ich, durch staatspolizeiliche Maßnahmen die Juden in fünf jüdische Häuser zusammenzulegen. Die arischen Mieter, die z. Zt. noch in diesen fünf jüdischen Häusern wohnen, haben sich bereiterklärt, auszuziehen, zumal ihnen in den frei werdenden Judenhäusern bessere Wohnungen vermittelt werden können. Diesbezügliche Verhandlungen sind von mir eingeleitet worden und werden sich Schwierigkeiten, aller Voraussicht nach, nicht ergeben. Bei Durchführung dieser Maßnahme würden einmal für den allgemeinen Wohnungsmarkt 16 Judenhäuser frei werden, die ausschließlich Ariern zu Verfügung stehen würden.
Aus der beigefügten Liste 1) ergibt sich, welche jüdischen Häuser heute von Juden allein oder von Juden mit Ariern bewohnt werden. Aus Liste 2) ergibt sich, welche jüdischen Häuser für die Zusammenlegung der Juden vorgesehen sind. Zu laufender Nr. 15 der Anlage 1) bemerke ich, daß die Eigentümer des Hauses, die Eheleute Pick staatenlos sind. Die Ehefrau Pick ist Volljüdin und stammt aus Siegburg, der Ehemann Pick ist ebenfalls Volljude, der früher die polnische Staatsangehörigkeit hatte, z. Zt. die sowjetrussische Staatsangehörigkeit beantragt hat, da seine frühere Heimat heute zum Staatsgebiet der UdSSR gehört. Ich kann mir nicht denken, daß, wenn dieses Haus, wie beabsichtigt, stärker mit Juden belegt werden sollte, hiergegen irgendwelche Bedenken bestehen könnten. Falls jedoch meine Ansicht nicht zutreffen sollte, bitte ich, mir dies mitzuteilen.
Im übrigen beziehe ich mich auf meine Unterredung mit Kriminaldirektor Pitz vom Vormittag und bitte, mich zu ermächtigen, die vorgesehene Maßnahme betr. Zusammenlegung der Juden in der Stadt Siegburg durchzuführen.