Bericht aus Petershagen
Am 17. November berichtet der Bürgermeister des Amtes Petershagen Folgendes über die „Judenaktion“:
Zu Frage 1:
Die in Petershagen vorhandene Synagoge wurde innen zerstört. Die Empore wurde vernichtet und vorhandene Bänke zerschlagen. Höhe des Schadens ca. 500,- RM.
Zu Frage 2:
Petershagen: Das Schaufenster der Schlachterei Berghausen und die Einrichtung des Schaufensters (Marmorbänke) wurden zerstört. Der Schaden beträgt ca. 550,- RM.
Personalien des Inhabers: Schlachter Julius Berghausen, geb. am 16.4.1878 zu Petershagen, verh., wohnhaft Petershagen, Hindenburgstr. 39.
Ovenstädt: Das Manufakturwarengeschäft Mendel wurde beschädigt, ein Teil der Waren durch einen angelegten Brand zerstört. Fensterscheiben und Türfüllungen wurden zertrümmert. Höhe des Gesamtschadens beträgt ca. 500,- RM.
Personalien des Inhabers: Kaufmann Hermann Mendel, geb. am 26.1.1863 zu Ovenstädt, verh., wohnhaft Ovenstädt Nr. 58.
Zu Frage 3: Fehlanzeige.
Zu Frage 4: Fehlanzeige.
Zu Frage 5:
Es sind keine Privathäuser abgebrannt.
Beschädigt wurden folgende Häuser:
Kassenführer Max Block, geb. 18.2.1897 zu Petershagen, verh., wohnhaft in Petershagen, Neerenweg Nr. 1.
Verschiedene Fensterscheiben wurden zertrümmert. Der Schaden beträgt ca. 50,- RM.
Händler Hermann Devries, geb. 2.2.1894 zu Ueden, verh., wohnhaft Petershagen, Hindenburgstr. 29.
Es wurden mehrere Fensterscheiben zertrümmert. Der Schaden beträgt ca. 20,- RM.
Viehhändler Viktor Hertz, geb. 18.9.1893 zu Eschenrath, verh., wohnhaft Petershagen, Fährstr. 6.
Es wurden mehrere Fensterscheiben zertrümmert. Der Schaden beträgt ca. 50,- RM. Durch einen angelegten Zimmerbrand wurde für ca. 20,- RM Schaden angerichtet.
Prakt. Arzt Moritz Oppenheim, geb. 23.5.1871 zu Rodenberg, verh., wohnhaft Petershagen, Hindenburgstr. 12.
Es wurden Fensterscheiben zertrümmert. Der Schaden beträgt ca. 50,- RM.Der durch den Zimmerbrand angerichtete Schaden beträgt ca. 40,- RM.
Witwe Meta Poli, geborene Dannenberg, geb. am 6.7.1875 zu Adelebsen, verw., wohnhaft Petershagen, Adolf-Hitlerstr. 33.
Es wurden Fensterscheiben zertrümmert. Der angerichtete Schaden beträgt ca. 50,- RM.
Zu Frage 6: Fehlanzeige.
Zu Frage 7: Fehlanzeige.
Zu Frage 8: Fehlanzeige.
Zu Frage 9:
Sichergestellt wurden:
bei Moritz Oppenheim geb. am 23.5.1871 zu Rodenberg, verh., wohnhaft Petershagen, Hindenburgstr. 12,
1 Offiziersdegen,
1 alter Kavalleriedegen,
1 Offizierskoppel mit Dolch,
1 alter Tornister,
1 Browning.
Zu Frage 10: Fehlanzeige.
Zu Frage 11:
Bei Hermann Mendel, Ovenstädt Nr. 58 wurden 388,50 RM Bargeld, bei Moritz Oppenheim, Petershagen 1 Personenkraftwagen und bei Viktor Hertz und Julius Berghausen, Petershagen je 1 Kleinkraft sichergestellt. Der Personenkraftwagen wurde durch SS nach Minden transportiert. Die Freigabe des Bargeldes und der Kraftträger ist veranlaßt.
Zu Frage 12:
Gegen Feuer waren sämtliche geschädigten Juden versichert. Andere Versicherungen, außer bei dem Schlachter Berghausen, Petershagen, der sein Schaufenster bei der Oberrheinischen Versicherungs-Gesellschaft Mannheim versichert hat, sind nicht abgeschlossen.
Es sind versichert:
Moritz Oppenheim - Petershagen,
Gebäude: bei der Magdeburger Feuerversicherungs-Gesellschaft zu 15.000,- RM.
Händler Viktor Hertz - Petershagen,
Gebäude: bei dem Allgemeinen Versicherungs-Verein - Stettin - zu 6.000,- RM. Mobilar: bei der Sozietät - Münster, zu 1.000,- RM.
Kaufmann Hermann Mendel - Ovenstädt,
Gebäude und Mobilar: bei der Allianz Stuttgarter Feuerversicherung, ca. 18.000,- RM.
Zu Frage 13:
Die Familien der festgenommenen Juden befinden sich z.Zt. in keiner Notlage.
Zu Frage 14:
Die Aktion gegen die Juden hat bei der Bevölkerung kein Mißbilligung hervorgerufen.
Verstanden wurde nur nicht, daß, nachdem durch Rundfunk die Aufforderung des Reichsministers Dr. Göbbels [sic] betr. Einstellung von Aktionen gegen Juden durchgekommen war, von Auswärtigen noch versucht worden ist, entgegen dieser Anordnung Zerstörungen von jüdischem Besitz vorzunehmen. Durch sofortiges Einschreiten konnten an 4 Stellen angelegte Brände im Keime erstickt und dadurch größerer Schaden für die Allgemeinheit verhütet werden.