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Chronik und Quellen
1938
November 1938

Bericht aus Hülentrup

Am 18. November 1938 erstattet die Gendarmerie Hülentrup folgenden Bericht:

Auf die Verfügung der Geheimen Staatspolizei , Staatspolizeistelle Bielefeld v. 14.11.1938 betr. Aktion gegen Juden am 10.11.38, berichte ich wie folgt:

Zu 1)Synagogen sind im diesseitigen Bereich weder abgebrand [sic], zerstört noch beschädigt worden.

Zu 2)Das Manufakturwarengeschäft, Laden und Büroraum, des Juden Gustav Arensberg in Alverdissen ist z. Teil zerstört und Büro sowie die Schlafzimmer- und Wohnzimmermöbel beschädigt worden. Sämtliche Fensterscheiben des Hauses und auch Schaufenster, sind eingeschlagen. Die Räume selbst sind weniger beschädigt oder zerstört. Die beschädigten Möbel lassen sich wieder reparieren. Einige Marmorplatten im Schlafzimmer sowie fast sämtliche Porzellangeschirr (eine größere Menge) ist zerschlagen. Der Gesamtschaden beläuft sich schätzungsweise auf ca. 9-10.000 RM.

Zu 3)Arbeiter und Angestellte sind durch die Zerstörung des Geschäftes nicht arbeitslos geworden, da Arensberg keine fremde Kräfte beschäftigte.

Zu 4)Arensberg ist ledig und war in den letzten Wochen garnicht [sic] mehr in seinem Geschäfte, sondern hielt sich in Lemgo bei einem Juden auf. Das Geschäft war in der ganzen Zeit so gut wie geschlossen. Ob das Geschäft für die Zukunft von einem Arier weiter geführt werden soll, darüber wird noch bei der zuständigen Ortspolizeibehörde-Amtmann in Brake i.L.-entschieden. Als Sachwalter ist zunächst der Ortsbürgermeister Krumsiek Alverdissen, bestimmt. Dieser hat bald nach der Aktion einen Teil der Möbel und Einrichtungen, in eine leerstehende Wohnung in der Nachbarschaft, in Sicherheit gebracht. Die Vorräte aus dem Ladengeschäft u.A. Bekleidungs- und Wäschestücke, hat Krumsiek sofort in seine eigene Wohnung bringen lassen, ums sie vor etwaigen Diebstahl zu schützen. Die örtliche Parteidienststelle der NSDAP und Krumsiek, haben einen kleineren Teil von Wäschestücke der NSV in Alverdissen zur Verfügung gestellt.

Die Maßnahmen sind bisher nicht rückgängig gemacht.

Zu 5)Privathäuser sind keine abgebrand [sic], zerstört oder beschädigt.

Zu 6)Wie bereits unter 2 angegeben.

Zu 7)Es sind keine Personen ums Leben gekommen.

Zu 8)Vermutlich sind einige Pferdegeschirre, aus einem unverschlossenen Schranke, der auf der Tenne des frgl. Hauses stand, von bisher unbekanntem Täter entwendet worden. Der Täter konnte auch bisher nicht ermittelt werden. Auch konnte ich bisher nicht feststellen, wieviel Geschirre in dem Schranke gehangen haben und welchen Wert dieselben hatten. Ich habe noch am 10.11.38 ganz flüchtig gesehen, daß wenigstens zwei Geschirre in den offenstehende Schranke auf der Tenne, hingen. Vorgänge angeschlossen.

Außerdem ist ein größerer Haufen von Geschäftspapieren draußen vor der Türe auf der Straße verbrannt worden. Die letzteren Täter sollen auswärtige SS Leute und zwei Polizeibeamte aus Lemgo gewesen sein, darunter der Polizeioberwachtmeister Strate. Dieser wird auch die übrigen Personen kennen.

9)Waffen sind nicht sichergestellt, auch solche nicht vorgefunden worden.

10)Archivmaterial ist nicht sichergestellt.

11)Bargeld und Bankguthaben ist nicht sichergestellt. Wertgegenstände u.a. Möbeleinrichtungen und eine größere Menge anderer Gegenstände sind sichergestellt. Rückgabe ist bisher nicht erfolgt zumal auch der Eigentümer sich in Haft befindet.

12)Ob Arensberg sein Geschäft versichert hat und bei welcher Gesellschaft, war nicht festzustellen. Darüber müßte Arensberg selbst Auskunft geben können. Auch ist mir nicht bekannt, ob Arensberg bereits Versicherungsansprüche bei einer Gesellschaft gestellt hat. Er kann auch garnicht [sic] wissen, was ihm alle[s] in seinem Geschäftshause zerstört worden ist, weil er am Tage der Aktion gegen die Juden, sich in Lemgo aufhielt und dort am gleichen Tage festgenommen worden ist.

13)Arensberg hat keine Familie, sondern ist unverheiratet.

14)Die Bevölkerung insbesondere in Alverdissen, die wohl seit Jahren nicht judenfreundlich eingestellt ist, ist mit der Aktion gegen die Juden, durchaus einverstanden, jedoch herrscht allgemein die Ansicht, daß dabei nicht die vielen Wertgegenstände, die noch zu besseren Zwecken dienen konnten, zerstört zu werden [brauchten], wenn man den Juden auch die Fensterscheiben der Häuser eingeschlagen hätte. Die Maßnahmen bezgl. Zerstörung von wertvollen Gegenständen, wird allgemein in der Bevölkerung nicht verstanden. Sonstige abfällige Äußerungen in der Bevölkerung über die Aktion sind mir nicht bekannt geworden.

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