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Chronik und Quellen
1938
November 1938

Die Gestapo Magdeburg berichtet

Im „Lagebericht“ der Gestapo Magdeburg für den November 1938 heißt es:

Marxismus

Auch für den Berichtsmonat November konnte eine Änderung der Lage in den Kreisen der alten Sozialdemokraten nicht festgestellt werden. Die Schlacht gegen die Juden hat dagegen zu lebhaftesten Diskussionen gerade von diesen Volksgenossen geführt. Trotzdem die Sozialdemokraten in der Beurteilung dieser Frage keinesfalls eine einheitliche Auffassung haben, manche haben sogar das Vorgehen, wenn sie auch nicht die Art, wie es geschah, verstehen wollten, begrüßt - jedoch benutzten sie den Augenblick regerer politischer Anteilnahme, um durch ihre Mundpropaganda gegen diese Aktion Stimmung zu machen. Trotzdem ihre Argumente recht fadenscheinig waren, haben sie es trotzdem verstanden bei vielen wenig geschulten Volksgenossen den Eindruck zu erwecken, als sei der Schlag gegen die Juden als Anfang vom Ende des 3. Reiches zu werten. Erst durch die sofort einsetzende Versammlungswelle, vor allem durch die großzügige Pressepropaganda, bei der man durch das erforderliche Tatsachenmaterial über die Juden ungeheuren Eindruck zu erwecken wußte, begann sich der Mißmut wieder langsam zu legen. Es ist beobachtet worden, daß ehemalige Sozialdemokraten, die sich auf Grund der Leistungen der nat. soz. Regierung offen zum Nationalsozialismus bekannt haben, durch die Judenaktion wieder sehr schwankend geworden sind. Als jedoch später die Pressepropaganda einsetzte, die Versammlungen werden natürlich von diesen Leuten niemals besucht, wurde die Meinung wieder stärker, daß das Vorgehen gegen die Juden doch richtig war. Als grundsätzliche Gegner sind letzten Endes nur diejenigen übriggeblieben, die sowieso immer auf der entgegengesetzten Seite stehen. Führende Sozialdemokraten haben schon immer erklärt, daß die Stimmung des politisch ungeschulten Teil des Volkes sich stark beeinflussen läßt. Die Hoffnung, die sie bei der Judenaktion daran knüpften, vor allem unter den Arbeitern eine Antinazi-Parole zu verbreiten, hat sich dann auch in dem Augenblick zerschlagen, als die Presse mit ihrer Aufklärungsarbeit einsetzte. Die alten Sozialdemokraten beobachten die Stimmung der Arbeiterschaft sehr genau und es ist erstaunlich, mit welcher Sicherheit die Folgen irgendeiner Regierungsmaßnahme von ihnen vorausgesehen werden. Es kann wohl gesagt werden, daß die alten Sozialdemokraten noch fast in allen Betrieben ihre Vertrauensleute sitzen haben, von denen sie stets gut unterrichtet werden.

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