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Chronik und Quellen
1938
November 1938

Bericht aus Augsburg

Der Regierungspräsident Schwaben und Neuburg berichtet am 7. Dezember 1938 für den November aus Augsburg:

Allgemeine politische Lage und öffentliche Sicherheit [...]

Helle Empörung weckte allenthalben der feige Meuchelmord an dem Gesandtschaftsrat 1. Klasse vom Rath. Deutlich erkennbar für alle unterstrich dieser Mord die weltgeschichtliche Bedeutung der Judenfrage und die Notwendigkeit ihrer kompromißlosen Lösung, die in den Reden führender Männer, durch die Aufklärungstätigkeit der Partei und andere Mittel der Führung wie Presse und Rundfunk immer wieder betont worden war. Nach solchem Anschauungsunterricht wurden die Gegenwirkungen des Volkes in Gestalt von Demonstrationen und Aktionen gegen Juden und jüdischen Besitz, insbes. Synagogen , und jene der Reichsregierung durch Verordnungen, namentlich über die Sühneleistung der deutschen und staatenlosen Juden und zur Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben, allgemein verstanden und - hauptsächlich die wirtschaftspolitischen Maßnahmen - von immer mehr Volksgenossen auch grundsätzlich gebilligt, zumal ja den Juden ihr kulturelles Eigenleben immer noch unverwehrt bleibt. Die jüdische Mordhetze gegen den Führer in Nordamerika und die Mitleidsäußerungen des Auslandes für die Juden in Deutschland - von seiten der Demokraten und der Kirchen - gießen hier nur Öl ins Feuer. [...]

Starke Befriedigung weckten die weitere Vertiefung der Freundschaft des Deutschen Reiches mit Italien und Japan durch den Abschluß von Kulturabkommen zum 2. Jahrestag des Antikomintern-Abkommens, die nach demselben Wiederaufbauprinzip gleichgerichtete Haltung Italiens in der Judenfrage und - eindrucksvoll betont in der jüngsten Rede des italienischen Außenministers - in der äußeren Politik sowie die Ansätze einer Konsolidierung des Verhältnisses Südosteuropa zu Deutschland.

Schließlich verfehlten auch die immer wiederkehrenden Hinweise auf die Behandlung der Juden in anderen Ländern und deren zum Teil widerspruchsvolle Haltung in Worten und Taten nicht ihre Wirkung. [...]

Juden

Die Demonstrationen und Aktionen am 10. und 11. November 1938 gingen nach den Berichten der Außenbehörden im allgemeinen reibungslos vor sich. Fensterscheiben von Geschäften und Synagogen, zum Teil auch von Privatwohnungen der Juden gingen hiebei in Trümmer. In Memmingen wurde die Synagoge 1 Woche hindurch abgetragen und zum Teil gesprengt; hier wie anderwärts (so in Augsburg, Öttingen, Fellheim, Altenstadt) wurden die Einrichtungsgegenstände in den Synagogen verbrannt oder sonst vernichtet, zum Teil wurden, wie in Memmingen, auch die Judenwohnungen und deren Einrichtung in weitem Umfang demoliert. In Binswangen und Buttenwiesen, BA Wertingen, wurden auf den Judenfriedhöfen Grabdenkmäler umgeworfen und beschädigt. Akten, Wertpapiere und Wertgegenstände, desgleichen Kraftfahrzeuge wurden in Beschlag genommen. Die zerstörten Schaufenster wurden, soweit möglich, wieder hergestellt.

Die Zahl der im Zuge der Aktion in Schutzhaft genommenen Juden beträgt, wie bereits oben unter Ziffer I.2. angegeben, 319.

Beim Bezirksamt Günzburg haben seit dem 10.11.1938 etwa 25 Juden mit 9 Kindern aus Ichenhausen um Ausstellung von Pässen zum Zwecke der Auswanderung nachgesucht.

Von der Regierung wurde bisher in rund 50 Fällen die Arisierung jüdischer Gewerbebetriebe genehmigt.

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