Menü
Chronik und Quellen
1938
November 1938

Die Gestapo Paderborn berichtet

In ihrem Bericht „Betr.: Protestaktionen gegen Juden am 10.11.1938“ berichtet die Gestapoaußendienststelle Paderborn am 18. November 1938:

Anbei wird ein Bericht der Ortspolizeibehörde Paderborn über die in der oben angeführten Rundverfügung gestellten Fragen in doppelter Ausfertigung überreicht. Die Feststellungen wurden in den jüdischen Haushaltungen und Geschäften im Einvernehmen mit der Außendienststelle und eines Vertreters des Stadtbauamtes getätigt.

Ergänzend wird berichtet, daß außer der bei der O.P.B. sichergestellten Bücher pp. das Archivmaterial aus der Synagoge zur Außendienststelle verbracht wurde. Eine Sichtung ist nicht erfolgt. Weiter wurden aus der Synagoge einige Gebrauchsgegenstände, wie Stühle, Tische und ein Klavier vor dem Feuer gerettet.

Bisher ist nicht bekannt geworden, daß Plünderungen in Paderborn vorgekommen sind. Bei der Familie Rosenbaum, hier, Bachstr. 2 sind einige Wäschestücke abhanden gekommen. Die Formationen, der Landrat und der Bürgermeister als O.P.B. in Paderborn haben schriftlich unter Anführung und Beschreibung Kenntnis erhalten und sind aufgefordert, entsprechende Wahrnehmungen, die zur Wiederherbeibeschaffung führen könnten, umgehend zu melden.

Waffen wurden nicht vorgefunden.

Das vorsorglich sichergestellte Bargeld bei den einzelnen Juden wurde gegen Quittung ausgehändigt. Die Eigentümer wurden veranlaßt, die Beträge auf eine Bank einzuzahlen. Die Konten sind für Abhebung größerer Beträge gesperrt.

Auf Anweisung des Leiters der Stapo Bielefeld, wurde der Bürgermeister in Paderborn davon in Kenntnis gesetzt, daß die vorsorglich sichergestellten Radioapparate der Juden wieder auszuhändigen seien.

In Parteikreisen wird die Aktion gegen die Juden als eine Maßnahme angesehen, die nach der Pariser Mordtat als eine Genugtuung empfunden wird. Sie findet eine entsprechende Würdigung. Besonders wird die Vernichtung der Synagoge allgemein gebilligt. Die Mehrzahl der älteren Bevölkerung in Paderborn dürfte gegen die getroffenen Maßnahmen sein. Besonders in den klerikalen Kreisen ist man der Ansicht, daß ebenso ihre Kirchen niedergebrannt werden könnten. Höhere Vertreter der kath. Kirche sehen die Aktion im Sinne der Schilderung der ausländischen Presse und bezeichnen sie als absurd. Die unter den zustimmenden Zuschauern bei dem Brand der Synagoge gemachten Äußerungen über Juden und Katholiken sind den zuständigen Stellen im Generalvikariat überbracht worden. Man erklärt, daß von einer spontanen Volkserregung nicht die Rede sein könne, wenn eine geraume Zeit vor dem Ausbruch des Feuers in der Synagoge, von der Feuerlöschpolizei zur Sicherung der angrenzenden Gebäude die Schläuche gelegt worden sein, wie das in mehreren Orten gemacht worden wäre. Man kann darüber hinaus sagen, daß in allen Kreisen die den nationalsozialistischen Zielen ablehnend gegenüber stehen, die Maßnahmen ebenso ablehnend aufgenommen wurden. Selbst unter den Beamten ist man sehr geteilter Meinung, wie dieses aus dem beigefügten V-Bericht hervorgeht. Die Vorfälle bilden noch immer einen besonderen Gesprächsstoff unter der Bevölkerung. Mit nachteiligen Auswirkungen dürfte jedoch nicht zu rechnen sein.

Baum wird geladen...