Bericht des SD aus Cochem
Am 27. Juli 1938 verfasst die SD-Außenstelle Cochem (II 112) folgenden Bericht:
Propaganda
Die Juden führen ein derart unter sich abgeschlossenes Leben, daß es nicht möglich ist, Einblick in ihre Betätigung zu erhalten. Da, bedingt durch die jeweils kleine Zahl an den einzelnen Orten, ein Zusammenschluß nicht erfolgt, ist es stets von einem Zufall abhängig, in die Gestaltung des Eigenlebens Einblick zu erhalten.
Soweit beobachtet wurde, halten sich die Juden in der Öffentlichkeit sehr zurück, was ja auch kaum anders möglich ist.
Finanzierung
Die noch im Bereich der Außenstelle ansässigen Juden verfügen in seltenen Fällen noch über größeres Vermögen. Da fast allen die geschäftliche Grundlage entzogen ist, leben sie heute nur noch von der Substanz. Diese Lage führt immer mehr dazu, daß die Juden versuchen, ihren Besitz zu möglichst günstigen Preisen abzustoßen und auszuwandern bzw. in den Großstädten unterzutauchen. Aber auch dieser Versuch führt kaum zum gewünschten Erfolg, da die Angebote bei Verkäufen sehr gering sind. Diese Sachlage ist deshalb so erwähnenswert, weil sie die Juden zwingt, ihr Vermögen weitgehend für eigene Zwecke zu verwenden.
Zersetzung
Die Juden bilden in sich einen festen Block, der keinen äußeren Einflüssen ausgesetzt ist, selbst aber auch keine Tätigkeit in dieser Hinsicht ausübt.
Beziehung zu anderen Gruppen
Kirche
Es konnte wiederholt beobachtet werden, daß in Einzelfällen Juden und Katholiken in persönlich guten Beziehungen stehen. Eine berichtsmäßig wichtige Bedeutung ist jedoch keinem dieser Fälle beizumessen. In diesem Zusammenhang sei der Ausspruch eines Juden aus jüngster Zeit erwähnt, der sich dahingehend äußerte, daß es dem einzelnen Juden heute fast unmöglich sei, auf dem Lande ein Geschäft zu betreiben bzw. überhaupt zu leben, da für sie keinerlei Möglichkeit bestehe, untertauchen zu können. (…)
Wirtschaftsleben
Die Ausschaltung der Juden aus der Wirtschaft wurde bisher allzusehr von der Bedingungslosigkeit der einzelnen Behördenleiter und sonstigen verantwortlichen Personen abhängig gemacht. Die dennoch erzielten Erfolge sind als gut zu bezeichnen. Die Ausschaltung der Juden besonders aus dem Viehhandel ist als fast abgeschlossen zu betrachten. Soweit die neuesten Verordnungen über die Bekämpfung der Juden die Öffentlichkeit zu Äußerungen anregt, ist zu entnehmen, daß mit einer baldigen und rücksichtslosen Ausschaltung begonnen wird. Die Betroffenen selbst halten sich naturgemäß zurück, inwieweit die Absicht zum Auswandern hierdurch gefördert wurde, steht noch nicht fest. Soweit bekannt, sind diese Bestrebungen an sich bei den Juden vorherrschend. Das einzige Moment, das zu einer Verzögerung beiträgt, ist die Frage der Vermögenssicherung.
Verhältnis zum Ausland
Wie schon gemeldet, unterhalten verschiedene Juden geschäftliche Verbindungen zum Ausland. In welcher Weise sich diese Beziehungen auswirken, kann hier nicht ermittelt werden.
Ein Einzelfall gibt Veranlassung darauf hinzuweisen, daß es den Juden an sich noch nicht verboten ist, Fremdenpensionen zu unterhalten. Da bei diesen nicht allein Deutsche, sondern auch Ausländer absteigen, besteht die Möglichkeit einer Nachrichtenübermittlung.
Sonstiges
Gegnerarbeit anderer Gruppen (Antisemitismus)
Neue Momente haben sich in der Berichtszeit nicht ergeben. Der Antisemitismus, getragen von der Partei, hat zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ausschließung der Juden geführt. Soweit die Judenfrage als Problem noch besteht, ist sie von jeweils örtlicher Bedeutung.