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Chronik und Quellen
1938
Juli 1938

Der Berliner SD berichtet

Am1. Juli 1938 verfasst das SD-Hauptamt [II 112] in Berlin folgenden Bericht:

Flüchtlingskonferenz in Evian

Am 6.7.1938 tritt in Evian (Frankreich) die auf Initiative Roosevelts hin einberufene internationale Konferenz zusammen, deren Aufgabe es ist konstruktive Pläne für die Unterbringung von Juden aus Großdeutschland zu beraten. Die offiziellen Vertreter von 29 Staaten nehmen an der Konferenz teil, die auf Grund der Tatsache, daß eine Beteiligung des Völkerbundes nicht erfolgt, umfassende Beschlüße [sic] fassen könnte.

Die Verhandlungen sollen nicht auf der Basis der Erweiterung der verschiedenen Einwanderungsquoten erfolgen, sondern vielmehr erreichen, daß die Einwanderungsstaaten zu einer liberaleren Handhabung der Immigrationsbestimmungen übergehen, um so die volle Ausnützung der Quoten zu ermöglichen.

In London und New York haben sich sogenannte ''Coordinating Committees'' gebildet, die in gegenseitiger Übereinstimmung und im Einvernehmen mit allen an den Problemen interessierten jüdischen und nichtjüdischen Organisationen, beabsichtigen, der Konferenz ein Memorandum zu unterbreiten.

Der Ausgang der Konferenz ist noch völlig offen, zumal unter den Teilnehmerstaaten noch keinerlei Einigkeit hinsichtlich der Aufbringung der Mittel besteht: Während ein Teil die Auffassung vertritt die Finanzierung müße [sic] durch die in den Einwanderungsländern vorhandenen jüdische [sic] Organisationen erfolgen, stellt sich eine andere Gruppe auf den Standpunkt, nur eine Finanzierung durch die Einwanderungsstaaten selbst könnte zum Ziel führen, wogegen schließlich von anderer Seite der Plan vorgebracht wird, ein Drittel der Wanderungskosten solle durch Deutschland selbst, ein Drittel durch die Einwanderungsländer in Form von Landabgabe und das restliche Drittel durch die jüdischen Hilfsorganisationen getragen werden.

Bei dem umfangreichen Problem dürfte sich die Konferenz, für die zunächst 2 Tage vorgesehen sind, zweifellos wesentlich verlängern.

 

Judenaktion in Berlin

Beginnend am 10.6.1938 wurde in Berlin, zunächst nur in einzelnen Stadtteilen eine Judenaktion durchgeführt, an der sich sämtliche Gliederungen der Partei auf Veranlassung der Gauleitung beteiligten. Die Aktion erreichte ihren Höhepunkt am 20./21.6.1938 wo sämtliche jüdischen Geschäfte Berlins sowie die Schilder der jüdischen Rechtsanwälte und Ärzte mit der Aufschrift: Jude und mit dem Davidstern bemalt wurden. Im Verlaufe der Aktion kam es verschiedentlich zu Zerstörungen und Plünderungen jüdischer Geschäfte sowie zu Tätlichkeiten. Sie wurde am 21.6.1938 nachmittags beendet. Die Aktion wurde durchgeführt mit der Genehmigung der örtlichen Berliner Polizeibehörden. Für zukünftige Fälle ist dem Chef der Sicherheitspolizei persönlich die Entscheidung über Einzelmaßnahmen1 vorbehalten.

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