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Chronik und Quellen
1938
Mai 1938

Bericht aus Karlsruhe

Am 27. Juli 1938 berichtet die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe Folgendes über die Monate April und Mai:

Rassenschande

Trotz der hohen Strafen, die aufgrund des Blutschutzgesetze ausgesprochen werden, kommen immer wieder, auch im Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe, neue Rasseschandefälle vor. Der Oberstaatsanwalt in Konstanz berichtet von einem erstmals wegen Rasseschande bei der Staatsanwaltschaft Konstanz anhängig gewordenen Verfahren, das aus Rechtsgründen eingestellt worden sei. Anhand der Akten werde ich nachprüfen, ob die Einstellung zu Recht erfolgt ist.

Bei den Staatsanwaltschaften Waldshut, Freiburg und Offenburg sind in den Berichtsmonaten keine neuen Verfahren wegen Rasseschande anhängig geworden, während der Oberstaatsanwalt in Karlsruhe zwei neue Verfahren wegen Rasseschande, wie zum letzten Lagebericht , berichtet.

Der Leiter der Zweigstelle Pforzheim berichtet von zwei neuen Anzeigen wegen Verbrechen nach dem Blutschutzgesetz, von denen sich das eine als falsche Anschuldigung erwiesen habe und als solche verfolgt werde, während die andere auf haltlosen Verdächtigungen einer krankhaften und eifersüchtigen Ehefrau beruhe. Auch hier werde ich den Sachverhalt anhand der Akten nachprüfen.

Auffallend groß ist immer noch die Zahl der Rasseschandefälle in Mannheim und hierbei wieder fällt insbesonders die hohe Zahl der arischen Rasseschänder auf. So berichtet der Oberstaatsanwalt von sieben Verfahren wegen Rasseschande, bei denen in vier Fällen der Mann Arier war. In dem einen dieser Fälle wurde das Verfahren aus subjektiven Gründen eingestellt, weil die beteiligte Jüdin wahrheitswidrig behauptet hatte, vor dem Geschlechtsverkehr den Partner über die jüdische Rasse aufgeklärt zu haben (Verfahren gegen [N.N.b] 4a Js 161/38). Diese Einstellung wird ebenfalls anhand der Akten von mir nachgeprüft werden.

Die hohe Zahl der Fälle arischer Rasseschänder zeigt wieder, wie sehr das rassische Denken in der Bevölkerung in Mannheim noch im argen liegt (vgl. meinen Lagebericht vom 18.10.1937 unter I Rassenschande am Ende).

Der Oberstaatsanwalt in Heidelberg berichtet von einem Verfahren gegen einen noch nicht ermittelten Juden wegen Rasseschande, der in der Zeit von Januar bis Oktober 1937 mit einer Dienstmagd aus Ziegelhausen Rasseschande getrieben hat. Die beteiligte Frau behauptet, den richtigen Namen und die Wohnung des Juden nicht zu kennen, obwohl sie häufig mit ihm zusammenkam und auch auswärts mit ihm übernachtete. Alle Angaben, die sie bisher über den Juden gemacht hatte, haben sich als unwahr erwiesen. Es wurde deshalb gegen die Frau Haftbefehl wegen Begünstigung erwirkt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Der Fall dürfte für die Frage der Strafbarkeit der an der Rasseschande beteiligten Frau wegen Begünstigung, die gerade von dem Herrn Reichsminister der Justiz geprüft wird, von besonderem Interesse sein. (Anzeige gegen [N.N.c] aus Ziegelhausen 1 Js 194/38).

Wie berechtigt und notwendig die hohen Strafbestimmungen des Blutschutzgesetzes wegen Rassenschande sind, zeigt das beim Oberstaatsanwalt in Mosbach anhängige Verfahren gegen den jüdischen Viehhändler und Handelsmann [N.N.d], der jahrelang, wahrscheinlich bis zum Februar 1938, mit der Ehefrau des dem Juden als Taglöhner im Viehhandel beschäftigten [N.N.e] einer Mutter von 6 Kindern, geschlechtlich verkehrt hat. Es besteht die Möglichkeit, daß der Jude [N.N.d] der Erzeuger des letzten im November 1935 geborenen Kindes der [N.N.f] ist (AZ. Js. 349/38, Anklage vom 30.4.1938, die dort bereits vorliegt).

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