Menü
Chronik und Quellen
1940
Januar 1940

Die Gestapo Bielefeld berichtet

Am 3. Januar 1940 erstattet die Gestapo Bielefeld folgenden „Tagesrapport Nr. 1“:

Juden

Am 21.12.39 wurde in Paderborn der Jude Karl Israel Rose, geb. am 13.12.1885 zu Brakel, Krs. Höxter, wohnhaft in Paderborn, Borchenerstr. 2a, festgenommen, weil er sein Gewerbe als Vertreter in Textilwaren verbotswidrig bis vor kurzem weiter ausgeübt hat. Rose suchte Privatkunden auf Bestellungen von Textilwaren auf und hat auch erheblichen Umsatz erzielt.

Rose ist geständig. Er wurde dem Richter vorgeführt, der Haftbefehl erlassen hat.

Sonstiges [...]

Am 28.12.1939 wurden

1) der Ortsbauernführer Franz Husemann, geb. 24.11.1881, in Frohnhausen, wohnhaft in Frohnhausen Nr. 35, Krs. Marburg, und

2) der led. Jude Hermann Israel Löwenstein, geb. 20.8.1891 in Frohnhausen, wohnhaft Frohnhausen Nr. 33, Krs. Marburg

festgenommen. Husemann hat einen bei ihm beschäftigten polnischen Kriegsgefangenen während der Arbeitszeit Zivilkleidung zur Verfügung gestellt und ihn gleichzeitig mit 3 einquartierten deutschen Soldaten und einem Knecht an einem Tisch verpflegt, während er mit seiner Familie an einem anderen Tisch das Mittagessen einnahm. Am 21.12.1939 hat er ferner den Juden Löwenstein mittags zusammen an einem Tisch mit den Soldaten und dem Kriegsgefangenen die Mahlzeit einnehmen lassen. Weiter hat er bis in die jüngste Zeit hinein mit dem Juden Löwenstein freundschaftlich verkehrt, diesen am 20.12.39 bei sich übernachten lassen und auch verpflegt. Husemann hat somit in grober Weise gegen die Richtlinien über die Behandlung der Kriegsgefangenen und gegen das gesunde Volksempfinden verstoßen. In politischer und krimineller Hinsicht ist er bisher nicht nachteilig in Erscheinung getreten. Er ist seit 1937 Mitglied der NSDAP .

Ich habe Husemann vorläufig in Polizeihaft genommen und werde nach Abschluß der Ermittlungen weitere Entscheidung treffen.

Der Jude Löwenstein hat wiederholt sein früheres Haus in Frohnhausen, in dem sich seit dem 15.10.1939 ein polnisches Kriegsgefangenenlager befindet, aufgesucht und verbotswidrig in einem Zimmer genächtigt. Er bestreitet, mit den polnischen Kriegsgefangenen Unterhaltungen geführt zu haben. Beweise hierfür waren auch nicht zu erbringen.

Löwenstein ist ledig und betrieb in Frohnhausen eine kleine Landwirtschaft. Zuletzt verrichtete er Gelegenheitsarbeiten. In politischer und krimineller Hinsicht ist er bisher nicht bekannt geworden. Am 10.11.38 wurde er im Verlauf der Protestaktion gegen Juden festgenommen, wurde aber am 1.12.38 entlassen.

Ich habe Löwenstein für 3 Wochen in Polizeihaft genommen und werde ihn alsdann im Einvernehmen mit dem Arbeitsamt Höxter dem Judenarbeitslager in Einsen, Krs. Höxter, zum Arbeitseinsatz überstellen.

Baum wird geladen...