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Chronik und Quellen
1939
Juni 1939

Das SD-Hauptamt (II 112) berichtet

Am 15. Juni 1939 erstattet das SD-Hauptamt (II 112) folgenden Bericht:

Das Judentum in Deutschland

Gesetzliche Regelung

Im Anschluß an die Novemberaktion gegen das Judentum wurden die in Deutschland ansässigen Juden auf dem Gesetzes- und Verordnungsweg aus allen Berufen in Deutschland ausgeschlossen.

 

Auswanderung

Dadurch hat sich der Auswanderungswille der einzelnen Juden und der Organisationen verstärkt, dessen Ausnutzung bereits seit dem August v.J. durch die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien und seit Februar 1939 auch durch eine ''Reichszentralstelle für jüdische Auswanderung'' (der Zentralstellen [für] jüdische Auswanderung in mehreren Orten des Reichsgebietes unterstehen sollen) erfolgte. Während jedoch die Zentralstelle in Wien im Laufe ihrer Tätigkeit seit August etwa 110.000 Juden zur Auswanderung bringen konnte, liegen die Erfolge der Reichszentralstelle wesentlich niedriger. So betrug beispielsweise die Gesamtzahl der im April/Mai eingegangenen Auswanderungsanträge bei der Zentralstelle in Berlin lediglich 6.187. Die Gründe für diese stete Abnahme liegen einmal in der noch fehlenden organisatorischen Durchbildung der Reichszentralstelle und der geplanten jüdischen ''Reichsvereinigung'' (die alle jüdischen Organisationen umfassen soll), andererseits aber in der immer stärkeren Abschließung aller Immigrationsländer gegen eine Zuwanderung .

Als Hauptzielländer galt in den letzten beiden Monaten China, für die Übergangswanderung wurden auch England, Holland, Schweden und Dänemark angelaufen. Palästina wurde auf dem legalen Weg nur von wenigen Auswanderern gewählt.

 

Soziale Lage

Die Finanzlage der Judenschaft hat sich mit der Verminderung der Anzahl der zahlungsfähigen Steuerzahler infolge der Ausschaltung aus allen Berufen stetig verschlechtert, während die Anzahl der Fürsorgeunterstützten prozentual im Ansteigen begriffen ist. So wurden in Berlin allein im vergangenen Winter 25.851 hilfsbedürftige Juden unterstützt, wobei zu bemerken ist, daß die Einnahmen aus der Winterhilfe im allgemeinen um 2/3 ihres vorjährigen Bestandes abgenommen haben.

Aus diesem Grunde wurde der Arbeitseinsatz der Juden begrüßt, jedoch konnte er erst in wenigen Fällen durchgeführt werden. Am besten bewährt hat sich der Gruppeneinsatz, der auch eine Absonderung der Juden von deutschblütigen Arbeitern ermöglichte.

 

Vereinswesen

Die Vereinstätigkeit ruhte mit Ausnahme der für die Auswanderung tätigen Organisationen und den Vorstellungen des Kulturbundes . Im übrigen wartet die gesamte Judenschaft die endgültige Errichtung der ''Reichsvereinigung der Juden in Deutschland '' ab.

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