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Chronik und Quellen
1939
Januar 1939

Bericht aus Mosbach

Am 24. Januar meldet der Oberstaatsanwalt in Mosbach in seinem „zweimonatlichen Lagebericht“:

Der Hotelier Karl Friedrich in Mosbach hat gegen den Juden Dr. Max Kowalsky aus Frankfurt Anzeige wegen Hausfriedensbruch erhoben, weil dieser sich bei ihm eingemietet hat, trotzdem in der linken oberen Ecke der polizeilichen Meldescheine, die der Anzeiger jedem Gast zur Ausfüllung vorlegt, sich folgender Vermerk befinde: ''Ich mache darauf aufmerksam, daß Juden bei uns keine Aufenthaltsberechtigung haben.'' Der Anzeiger mußte aber zugeben, daß am Tage der Anwesenheit des Juden ein Schild mit der Aufschrift ''Juden unerwünscht'', das sonst gewöhnlich an der Eingangstür zum Hotel hing, gefehlt habe. Der Anzeiger erblickte einen Hausfriedensbruch darin, daß der Jude trotz des oben erwähnten Vermerks auf dem polizeilichen Meldeformular sich bei ihm eingemietet hat. Das Verfahren wurde mangels inneren Tatbestands eingestellt, da dem Beschuldigten möglicherweise nicht genügend zum Bewußtsein gekommen war, daß der Anzeiger Juden grundsätzlich nicht beherbergt. - Der Anzeiger ist Parteigenosse und hat die Anzeige erst eine Woche später erstattet, nachdem ihm von Gästen mitgeteilt worden war, daß der Logiergast Jude gewesen sei.

In Stümpfelbrunn hatte ein Einwohner mit dem Synagogenvorsteher wegen Verkaufs der Synagoge verhandelt, hatte aber die Zustimmung des Oberrats der Israeliten zu dem Verkauf nicht erlangt, weil ein anderer Strümpfelbrunner Bewohner ein größeres Kaufangebot gemacht hatte. Um nun den ersten Bewerber, seinem Bruder, doch noch zum Eigentum an die Synagoge zu verhelfen, rief der Steinbruchbesitzer Ferdinand Lenhard am 24. November 1938 von Eberbach aus den Steinbruchbesitzer Ludwig Steck in Strümpfelbrunn an und bat ihn, den Synagogenvorsteher an den Fernsprecher zu rufen. Auf die Frage des Steck, wer am Fernsprecher sei, antwortete er: ''Hier Kreisleitung.'' Da der Synagogenvorsteher abwesend war, ging seine Ehefrau an seiner Stelle an das Telefon. Lenhard sagte nun telefonisch: ''Hier ist die Kreisleitung; Sie wissen doch von Ihrem Mann, daß Josef Lenhard die Synagoge von Ihrem Mann für 1000 RM gekauft hat. Sagen Sie Ihrem Ehemann, wenn Lenhard die Synagoge für 1000 RM nicht bekommt, dann wird er abgeführt oder geholt.'' Wegen dieser Tat habe ich gemäß §§ 132, 2, 240, 43, 73 RStGB. beim Amtsgericht Eberbach einen Strafbefehl in Höhe einer Gefängnisstrafe von 1 Monat beantragt.

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