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Chronik und Quellen
1938
Dezember 1938

Bericht aus Koblenz

Am 14. Dezember 1938 verfasst der Koblenzer Landgerichtspräsident folgenden Bericht:

Da das Vorgehen gegen jüdische Geschäfte und Wohnhäuser in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 in den letzten Wochen im Mittelpunkt des Interesses stand und Stimmen laut wurden, ob nicht die Autorität des Gerichtes und der Rechtsgedanken Schaden gelitten hätten, bin ich diesen Meinungen nachgegangen. Zunächst habe ich festgestellt, daß scharfe Vergeltungsmaßregeln gegen die deutschen Juden anläßlich der Ermordung des Gesandtschaftssekretärs vom Rath ganz allgemein gebilligt wurden. Darum stimmt das Volk der gesetzlich angeordneten Vermögensabgabe allgemein zu, wie man auch durchweg der Ansicht ist, daß dem Juden der Lebensfaden abgeschnitten werden soll. Dagegen wird die formal eigenmächtige Aktion in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 verschieden beurteilt. Hierbei wird ziemlich allgemein angenommen, daß es sich um bestellte Arbeit gehandelt hat. Soweit Fensterscheiben von Geschäftshäusern und Gewerbebetrieben zertrümmert worden sind, wird hieran weniger Kritik geübt. Dagegen wird das Eindringen in Privatwohnungen und Zertrümmern von Möbelstücken allgemein gemißbilligt. Es wird erst recht Kritik daran geübt, daß darüberhinaus Ausschreitungen vorgekommen seien, Leute mißhandelt worden oder Sachen entwendet worden seien. Mir scheint allerdings, daß hierbei zum Teil böswillige Gerüchtemacher übertrieben haben. Eine Erscheinung, die allerdings bei solchen Gewaltaktionen zu erwarten war. Die hin und wieder gehörte Meinung, daß die Autorität der Rechtspflege oder der Rechtsgedanken durch das Vorgehen in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 gelitten habe oder sich gar ein Gefühl der Rechtsunsicherheit breit mache, kann ich nicht ohne weiteres bestätigen. Jetzt, nachdem Wochen verstrichen sind und die Allgemeinheit die Ereignisse ruhiger beurteilt, kann man feststellen, wie immer mehr der Gedanke Platz greift, daß ein Exempel statuiert werden mußte. Die gesetzliche Regelung der Ereignisse hat sein übriges hierzu beigetragen.

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