Verwertung jüdischen Schmelzsilbers
Am 19. April 1939 verschickt die Fachgruppe Metallwaren und verwandte Industriezweige in Berlin folgendes Schreiben an die städtischen Pfandleihanstalten:
Wirtschaftsgruppe
Metallwaren und verwandte Industriezweige
Berlin, den 19. April 1939
VII F/Pi 20038
Betr.: Verwertung des Schmelzsilbers aus jüdischem Besitz.
Runderlass des Herrn Reichswirtschaftsministers zugleich im Namen des Herrn
Reichskommissars für die Preisbildung: III. Jd. 1/7167/39 vom 23.3.1939 und III.a./132/4383 v.
11.4.39.
Verschiedenen Mitteilungen müssen wir entnehmen, daß entgegen der Regelung des Herrn Reichswirtschaftsministers in seinem Runderlass vom 23. März 1939 - III. Jd. 1/7167/39 - einige Pfandleihanstalten vorhandene Schmelzsilbermengen, die aus jüdischem Besitz stammen, zur Versteigerung gebracht haben.
Wir machen ausdrücklich darauf aufmerksam, daß jegliche Versteigerung des Schmelzsilbers unzulässig ist und gegen die vom Herrn Reichswirtschaftsminister getroffene Regelung verstösst.
Der Herr Reichswirtschaftsminister hat in seinem genannten Erlass vom 23. März 1939 ausdrücklich bestimmt, daß alles Schmelzsilber ausschliesslich
der Wirtschaftsgruppe Metallwaren und verwandte Industriezweige, Berlin-Halensee,
Kurfürstendamm 163,
der Fachgruppe Schmuckwarenindustrie mit Fachabteilung Füllhalterindustrie, Pforzheim,
Industriehaus
und dem Reichsinnungsverband des Juwelier-, Gold- und Silberschmiedehandwerks, Berlin W 35,
Potsdamer Str. 103a
zu überlassen ist.
Die Preisfrage ist durch den Erlass des Herrn Reichskommissars für die Preisbildung vom 11.4.1939 - III. a/132/4383 - geklärt
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Wir haben sämtlichen Pfandleihanstalten auch in unseren Rundschreiben vom 30. März 1939 und 4. April 1939 mitgeteilt, daß die drei vorgenannten Gruppen sämtliches Schmelzsilber den Leihanstalten in voller Höhe abnehmen. Mit Zustimmung des Herrn Reichswirtschaftsministers und des Herrn Reichskommissars für die Preisbildung ist von uns die
Degussa, Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt, vorm Roessler, Frankfurt a. M., Postfach 107
mit der Abholung des Schmelzsilbers, der Zahlung und der Scheidung beauftragt worden.
Wir bitten Sie also dringend, keine Termine zur Versteigerung des Schmelzsilbers anzuberaumen, sondern die vorhandenen Mengen restlos zur Verfügung unserer Beauftragten, der
Degussa, Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt, vorm. Roessler, Frankfurt a. M., Postfach 107
zu halten.
Die Degussa hat sich an Sie bereits in einem besonderen Rundschreiben vom 13. April 1939 - O/Be. - gewandt und hat Sie auch um Mitteilung gebeten, wieviel Kilo Schmelzsilber Sie zur Verfügung haben und wann das Schmelzsilber abgeholt werden kann.
Wir bitten Sie, diese Fragen möglichst sofort zu beantworten. Sämtliche vorhandenen Schmelzsilbermengen werden dann umgehend gegen Zahlung übernommen werden können.