Ankaufsstellen für jüdische Wertsachen
Am 14. Februar 1939 wendet sich der Deutsche Gemeindetag wegen der "Errichtung öffentlicher Ankaufsstellen für jüdische Wertsachen" an das Reichswirtschaftsministerium:
Deutscher Gemeindetag Berlin NW 40, den 14. Februar 1939
Nr. IV 711/39 Alsenstr. 7
Betr.: Errichtung öffentlicher Ankaufsstellen nach § 14 der Verordnung über den Einsatz des
jüdischen Vermögens vom 3.12.1938.
Zum Erlass vom 25. Januar 1939
- III Jd. 1965/39. -
Die Durchführung des Erlasses vom 25. Januar 1939 hat eine Reihe von Schwierigkeiten zur Folge gehabt.
1.) Nach Nr. 4 des Erlasses ist als Auszahlungswert der auf dem Weltmarkt im Grosshandel übliche Preis zu Grunde zu legen. Den Pfandleihanstalten sind aber nur die deutschen Preise bekannt, während die Weltmarktpreise wesentlich darunter liegen. Es müsste den Pfandleihanstalten deshalb eine Richtlinie über das Verhältnis der Weltmarktpreise zu den deutschen Marktpreisen gegeben werden.
Im allgemeinen wird man sagen können, dass die Weltmarktpreise höchstens 50 % der deutschen Preise betragen. Ich halte eine klare Richtlinie für unbedingt erforderlich damit nicht willkürliche Beiträge angesetzt werden, die später nicht erreicht werden. Andererseits muss auch verhindert werden, dass Beträge angesetzt werden, die weit unter den jeweiligen Weltmarktpreisen liegen.
2). Ferner müsste geklärt werden, ob für Alt- und Bruchgold bei der Veräusserung stets der Höchstpreis von RM 3,50 je Gramm Feingold massgebend ist oder der deutsche Goldpreis für das Gramm Feingold im Grosshandel, d. h. RM 2,80 zu Grunde zu legen ist.
3.) Es empfiehlt sich, klarzustellen, welche Waren als Alt- und Bruchgold zu behandeln sind. Wenn hierfür die Bestimmungen der Überwachungsstelle für Edelmetalle massgebend bleiben, dann brauchen goldene Uhren, die gebrauchsfähig sind, nicht mehr als Alt- und Bruchgold bewertet zu werden. Ihr Ankauf würde sich dann regeln nach den allgemeinen Vorschriften der Ziffer 2. Anderer-
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würde aber ein sehr grosser Teil der angelieferten Schmuckstücke, auch wenn sie erst vor ganz kurzer Zeit vom Juwelier gekauft sein sollten und noch vollen Wert besitzen, als Altgold behandelt werden müssen, ohne dass der Fassonwert irgendwie berücksichtigt werden könnte.
4.) Ich darf wohl annehmen, dass die im Reichsinteresse erfolgten Verkäufe durch die Leihämter der Umsatzsteuer nicht unterliegen. Sollte dies aber doch der Fall sein, so wäre zu klären, ob die Steuerbeträge aus der den Pfandleihanstalten zugewiesenen 10 %igen Vergütung oder aber aus dem zustehenden Verkaufsmehrerlös gedeckt werden sollen. Es werden sich Fälle ergeben, wo die für den Weiterverkauf etwa zu entrichtende Umsatzsteuer höher ist als die dem Leihamt zustehende 10 %ige Vergütung aus dem Auszahlungswert.
5.) Falls noch Vorschriften über die Buchführung und Abrechnung beabsichtigt sind, so bitte ich, diese so schnell als möglich zu erlassen.
6.) Die bisher bei der Pfandleihanstalt der Stadt Berlin gemachten Beobachtungen ergeben, dass die angebotenen Gegenstände, namentlich solche in Verbindung mit Edelsteinen und Perlen, weit hinter den Erwartungen zurückblieben. In der Hauptsache wird in Berlin Silber angeboten und zwar in der Verarbeitung von Leuchtern und Bestecken. Gold und Platin treten weniger in Erscheinung, sodass fast der Eindruck besteht, als ob die wertvollen Gegenstände aus Gold bereits vor dem Erlass der Verordnung Käufer gefunden haben.
Auch die aus der Pfandleihanstalten anderer Städte einer Zentralstelle zuzuleitenden Dinge sind bisher wenig zahlreich in Erscheinung getreten. Das scheint besonders bei wertvolleren Goldsachen daran zu liegen, dass Ziffer 2 des Erlasses mit Ziffer 3 in einem gewissen Widerspruch zu stehen scheint. Aus einzelnen Anfragen ist zu entnehmen, dass die Ansicht besteht, dass nur Gold mit einem Ankaufswert über RM 300.-- der Zentralstelle zugeleitet zu werden braucht, während der Erlass davon zu sprechen scheint, dass in allen Fällen Zuleitung an die Zentralstelle in Betracht kommt, wenn der Goldgegenstand 20 gr und mehr wiegt und gleichzeitig einen Feingehalt von mindestens 333 Tausendstel hat.
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7.) Sind zusammengehörige Bestecke gleichen Musters als eine einheitliche Sache zu betrachten und bei Überschreitung der Wertgrenze von RM 300.-- an die Zentralstelle abzugeben?
8.) Zählen die Zweckgemeinschaften der Gebrauchtwarenhändler zu den örtlichen Fachgruppen, denen die angekauften Stücke zum Verkauf anzubieten sind?
Abschrift dieses Schreibens habe ich der Überwachungsstelle für Edelmetalle zugeleitet.