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Chronik und Quellen
1938
Oktober 1938

Aufenthaltsverbot für polnische Juden

Der Polizeipräsident                                               Leipzig C 4, am 29. Oktober 1938
zu Leipzig    

Ich berichte, daß die Durchführung des Aufenthaltsverbots für polnische Juden am 28. Oktober 1938 von Leipzig aus durch Abtransport in 4 Sonderzügen mit insgesamt 1598 Personen (1520 Erwachsene und 78 Kinder) erfolgt ist, das sind reichlich 50 % der beim Ausländeramt erfaßten polnischen Juden.

Ich habe rund 2000 Aufenthaltsverbote erlassen, die aber nicht restlos zugestellt werden konnten, da ein Teil der polnischen Juden nicht anzutreffen war. Eine weitere Anzahl Juden konnte wegen hohen Alters, Gebrechlichkeit, schwerer Erkrankung, Geisteskrankheit und ärztlich nachgewiesener Leiden (u. a. auch hochschwangere Frauen) dem Abtransport nicht eingegliedert werden, desgleichen auch nicht diejenigen, welche glaubhaft nachzuweisen in der Lage waren, daß ihre Auswanderung in andere Länder in Kürze bevorstehe und diejenigen, welche bereits im Besitze von Passagekarten, Flugscheinen und gültigen Visa, Fahrkarten u.s.w. waren.

Der Abtransport ist im wesentlichen reibungslos und bis auf einen Todesfall (Frau), Ohnmachtsanfälle und Nervenzusammenbrüche ohne besondere Zwischenfälle erfolgt.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß das Sozialamt der israelitischen Religionsgemeinde vom 2. Sonderzuge ab durch Zahlung von Geld (es erhielt jeder Reisende 10 RM) und Verteilung von reichlichen Lebensmitteln hilfreich eingegriffen hat.

Infolge der gegen die polnischen Juden ergriffenen Maßnahme werden bei mir dauernd aus allen Kreisen der Bevölkerung Rückfragen wegen Regelung von Ansprüchen (Miete, Sach- und Lohnforderungen u. ä.) an die ausgewiesenen Juden gehalten.

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