Hoffnung auf Auswanderung
Das Ehepaar Malsch aus Düsseldorf schreibt am 20. August 1941 seinem Sohn und dessen Frau in den USA, dass es weiterhin auf Auswanderung hofft:
Meine lieben Kinder,
Am 14. ds schrieben wir Euch + am 16. kam Euer 1. Brief vom 31. Juli hier an mit dem Foto aus der Ranch. Das Bild ist sehr nett. Ihr beide seht sehr gut darauf aus. Hauptsache ist, Ihr habt Euch gut erholt, bleibt gesund u. bleibt zu Hause. Wegen der Auswanderung können wir von hier gar nichts unternehmen. Sobald sich eine Möglichkeit bietet, bekommen wir wie alle die vielen anderen Kandidaten vom Hilfsverein ja offizielle Nachricht. Wir müssen eben alles an uns herankommen lassen u. weiter abwarten. So langsam wird es jetzt schon Herbst. Als im Frühjahr alles wieder grün wurde, war es meine Hoffnung, diese Blätter nicht mehr fallen zu sehen. Jetzt fallen die Blätter, die Hoffnung ist wieder getäuscht worden. Wir sind indessen durchaus nicht entmutigt, nehmen die Dinge, wie sie sind, wie sie an uns herankommen, mit jenem Gleichmut auf, der uns allen hier schon zur Natur geworden ist. Man nimmt eben alles hin, regt sich über gar nichts mehr auf u. sagt gelassen: „na ja!“ Wohin sollten wir dann kommen? Es wird sich für die Ausreise schon einmal ein Weg finden. Es hat uns gefreut zu erfahren, daß Herr Maischutz gut angekommen ist, es war keine leichte Sache für einen alten Herrn. Gebt uns doch mal die Adresse Eurer Schwester Cilly, wir könnten ab hier durch das Rote Kreuz schreiben. Freilich dauert es auch lange. Für mehr Leistung, besonders aber für höhere Verantwortung, gebührt jedem ein höheres Gehalt. Es wird ja alles auch dort teurer! Frida Hs Schwester Betty u. ihr Mann sind in Mexiko. Von meiner Operation sollt Ihr nichts mehr erwähnen, die Sache ist für uns schon halb vergessen, es ist alles bestens verheilt u. in Ordnung. Wir schrieben an Onkel Ernst die erste Neujahrsgratulation!! Für heute herzlichste Grüße u. viele Küsse stets Euer Euch sehr liebender Papa.
Es ist zu schade, daß wir noch keine A.C. Bescheinigung [er]halten vom Konsulat.
Meine geliebten guten Kinder. Sehr haben wir uns mit Eurem 1. Brief vom 30. Juli gefreut. Das Bild ist wirklich sehr schön, mal etwas anderes. Wir haben wirklich früher oft zu Dir „Buffallo Bill“ gesagt, wie wir so vieles zu Dir sagten, wir sprechen sehr oft davon. Es freut mich, daß Ihr die Ferien so glücklich verlebt habt, man muß einmal aus dem Alltag heraus, sich frische Kraft holen. Es geht leider nur zu sehr, sehr schnell wieder alles vorbei. Wegen unserer Auswanderung bin ich sehr, sehr betrübt, besonders, weil wir wieder so nahe davor standen. Es ist zu traurig, daß wir nicht Zusammenkommen können, und mein Herz hängt so daran. Ob es überhaupt noch einmal möglich ist, uns wiederzusehen und die lb. Trudi kennenzulernen?
Ich darf erst gar nicht denken, lieb Männele, Du kennst mich doch. Wir wissen ja, daß Ihr auch jetzt alles mögliche versucht, wir können ja von hier auch jetzt leider gar nichts unternehmen, man muß mal wieder abwarten, wie alles kommt. Man wird immer älter, und die Nerven gehen einem oft durch, wenn man auch noch so dagegen angeht. Wir haben nur noch den einzigsten Wunsch, bald bei Euch zu sein. Alle Leute beneide ich, die zu ihren Kindern fahren, was sind Fenners doch glücklich dran, die arme kranke Frau, die nicht einmal gehen kann, aber sie kommen zu ihrem Kind. Haltet uns jedenfalls über alles auf dem laufenden. Es geht ja alles von dort aus, wie es zu machen ist. Mit meinem Rheuma ist es G. s. D. viel besser, es wird schon wieder in Ordnung kommen, es muß alles seine Zeit haben. Könnten wir uns doch nur einmal sprechen und Euch sehen. Jetzt kommen wieder die Feiertage, und wir sind noch immer so allein. Wie war das doch früher immer schön hier bei der 1. sel[igen] Oma, wie war sie glücklich und freute sich mit Dir, besonders, wenn sie mit Dir am [.. ,] ausging. Alles, alles ist vorbei, nur noch die Erinnerung, es war doch zu schön, wie wir noch alle zusammen waren. Und erst in Meiningen, Du hast eine sehr schöne Jugend, lieb Männele, alles hast Du gehabt, und ich bin heute glücklich darüber. Nur noch eines soll uns der liebe Gott geben. Euch wiederzusehen, dann ist unser größtes Glück erfüllt, ich bete täglich darum. Hat Onkel Karl Euch die beiden Bilder gegeben? So, meine guten Kinder, bleibt gesund und glücklich. Schreibt uns recht bald wieder. Für heute 10000000000 Grüße und Küsse, immer Eure Euch sehr liebende Mutter.
Herzl. Grüße an Frau Fraenkel und Bruder Hans