Beschwerde wegen Judenzuzugs
Ein Rechtsanwalt beschwert sich am 5. Juni 1941 beim Regierungspräsidenten in Breslau über die Zuweisung von Juden in das Haus seiner Klientin:
Meine Auffraggeberin, Frau Berta Olischewski, hier, Freiburger Straße 22, hat das in Breslau, Freiburger Straße 22 gelegene Haus im Oktober 1939 gekauft von dem jüdischen Voreigentümer, dem ehemaligen Rechtsanwalt Justizrat Siegfried Israel Friedländer und ist infolge einer von dem Verkäufer Friedländer beim Herrn Minister eingelegten Beschwerde erst am 1. Juli 1940, und zwar laut Urteil des Oberlandesgerichts rückwirkend am 1.4.1940 in den Besitz des Hauses gelangt. In der Zeit zwischen dem Abschluß des Kaufvertrages und der Auflassung, die erst im Klagewege erzwungen werden mußte, hat der Verkäufer Friedländer noch weitere Juden als Mieter in das Haus aufgenommen ohne Wissen und Zustimmung der Käuferin, Frau Olischewski.
Frau Olischewski hatte sich vor Abschluß des Kaufvertrages bei der Regierung, und zwar bei dem Dezernenten Herrn Hanifle erkundigt, ob, wenn sie das Haus kaufe, das Haus als jüdisches Haus weiter gilt oder nicht. Ihr ist zur Antwort gegeben worden, daß das Haus mit dem Übergang des Eigentums in ihre, nämlich in arische Hände, als arisches Haus angesehen würde. Erst auf diesen Bescheid hin hat Frau Olischewski den Kaufvertrag geschlossen, andernfalls hätte sie von dem Kauf eines jüdischen Hauses Abstand genommen. Nachdem sie als Eigentümerin des Hauses eingetragen worden ist, hat sie nach mehreren Monaten erfahren müssen, daß entgegen der damaligen Zusage das Haus als jüdisches Haus betrachtet wird, was nunmehr zur Folge hat, daß die jüdische Gemeinde beabsichtigt, weitere Juden als Untermieter in das Haus zu setzen.
Im Auftrage der Frau Olischewski bitte ich, von der Zuweisung weiterer Juden als Mieter und Untermieter in dieses Haus Abstand zu nehmen.
Die Räume des Hauses sind vermietet zur Zeit an acht arische und fünf jüdische Familien. Infolgedessen haben sich bereits Unzuträglichkeiten ergeben, insofern, als die jüdischen Mieter widerspenstig sind, selbst den Ehemann der Frau Olischewski bedrohen, sich untereinander prügeln, so daß die Polizei wiederholt einschreiten mußte.
Hierunter leiden naturgemäß die arischen Mieter stark, und diese Zustände würden sich ins Unerträgliche steigern, wenn noch weitere Juden in das Haus hereingebracht würden. Die bereits im Haus befindlichen Juden haben schon jetzt ca. 2 - 3 Untermieter, wodurch die Räume naturgemäß über Gebühr stark beansprucht werden, insbesondere weil die Juden einen regen Handel treiben und ständig Geschäftsbesucher bei ihnen aus- und eingehen. Die jüdischen Mieter wie ihre jüdischen Besucher fühlen sich schon jetzt absolut als Herren des Hauses. Die jüdische Gemeinde hat bereits geäußert, sie könne in das Haus hereinsetzen, wen sie wolle, die Hauseigentümerin selbst habe überhaupt nichts in diesem Haus zu sagen.
Bei dem seinerzeitigen Kauf des Hauses ist der jetzigen Eigentümerin, Frau Olischewski, eine Reparaturauflage von RM 11000,- gemacht worden, und zwar mußte sie RM 5000,-zur alsbaldigen Verwertung zahlen, den Rest zur Vornahme der Reparaturen innerhalb des Zeitraumes von 5 Jahren. Frau Olischewski war, da sie die RM 5000,- nicht flüssig hatte, gezwungen, diese darlehnsweise aufzunehmen, um die ihr aufgegebenen Reparaturen alsbald ausführen zu können. Es ist ihr hierbei ausdrücklich gesagt worden, daß diese Reparaturen verlangt würden, um das Haus für die in Aussicht genommenen neuen arischen Mieter wieder instand zu setzen; denn es war beabsichtigt, die jüdischen Mieter allmählich aus dem Haus zu entfernen. Wäre bereits damals in Aussicht genommen, das Haus als jüdisches Haus zu behandeln, wäre diese Auflage von RM 5000,- nicht angebracht gewesen; denn die jüdischen Mieter legen es darauf an, die arische Hauseigentümerin nach Möglichkeit zu schädigen und das Haus durch Beschmieren und Anschlägen der Wand usw. zu beschädigen, insbesondere die Wohnungen nach Möglichkeit verwahrlosen zu lassen. Da sämtliche Wohnungen zur Festmiete vermietet sind, ist die Hauseigentümerin gezwungen, auf ihre Kosten sämtliche Reparaturen immer wieder vornehmen zu lassen. Die Aufnahme weiterer jüdischer Mieter würde also die oben geschilderten Übelstände ins Grenzenlose steigern und die in Mehrzahl befindlichen arischen Mieter veranlassen, möglichst bald die Wohnungen in diesem Hause aufzugeben, wodurch die Hauseigentümerin erheblich geschädigt würde.
Ich bitte also, insbesondere mit Rücksicht auf die seinerzeit von der Regierung (Herrn Hanifle) gemachte Zusage, daß das Haus als arisches Haus nach Erwerb durch Frau Olischewski angesehen würde, von der Zuweisung weiterer Juden in dieses Haus Abstand zu nehmen.
Heil Hitler!