Antrag auf Auszahlung
Franz Heurich aus Meiningen beantragt am 20. Februar 1941 bei der Devisenstelle Thüringen eine Auszahlung vom Sperrkonto Hermann Heimanns:
Betr.: Sicherungsanordnung Hermann Israel Heimann, Meiningen, vom 12.9.39 Geschäftszeichen: J.S. 143 Bo/Pa.
Zum Antrag des Vorgenannten auf Freigabe gem. § 59 Dev. Ges. gesicherter Beträge vom 20.2.41 über RM 4800,-
Am 31. Januar sprach ich persönlich auf der Devisenstelle vor, um mich zu vergewissern, ob der vorliegende Antrag überhaupt gestellt werden könne. Es wurde mir erklärt, daß die Möglichkeit einer Genehmigung bestände, und anheimgestellt, einen entsprechenden Antrag einzureichen. Ich kann den Antrag erst heute einreichen, weil ich den Antragsteller nicht früher erreicht habe.
Zu dem Antrag selbst bringe ich folgendes vor:
In den Jahren 1936 -1939 war ich bei der jüdischen Firma Herbert Heinemann, Meiningen, als Buchhalter tätig. Vorher war ich von 1926 -1936 bei der Firma Gebr. Heinemann (Vater des Vorgenannten) als Hauptbuchhalter tätig. Durch den Konkurs dieser Firma verlor ich meine Stellung und konnte in Meiningen keinen anderen Posten finden, da hier an dem kleinen Platz ohne Industrie keine Nachfrage ist. Ich habe dann in den Jahren 1936 -1938 den Konkurs der Firma Gebr. Heinemann abgewickelt. Damit war ich nicht voll beschäftigt und habe nebenbei die Buchhaltung der Firma Herbert Heinemann geführt. Da diese Firma nach dem Konkurs alle Waren-Bezüge bar bezahlen mußte und finanziell sehr schwach war, habe ich meine Forderung auf Gehalt stehengelassen, um die Firma, die mich schlecht bezahlen konnte, beim Einkauf zu unterstützen und ein Lager zu ermöglichen. Da ich mein Gehalt aus dem Konkurs bezog, konnte ich dies möglich machen. Im November 1938 kam die Aktion gegen die Juden und am 31.12.38 die Schließung der Firma Heinemann. Bei der Arisierung kam nur soviel heraus, daß die Lieferanten bezahlt werden konnten, und ich erhielt auf meine Forderung, die auf RM 4800,- aufgelaufen war, keinen Pfennig. Der Inhaber der Firma Heinemann war damit vermögenslos geworden und konnte meine Forderung nicht mehr bezahlen.
Es handelt sich bei diesen RM 4800,- um nicht ausgezahlten Lohn. Ich habe also dafür schwer arbeiten müssen, sehr off abends, und es ist für mich sehr bitter, daß ich umsonst gearbeitet haben soll. Es mag mir entgegengehalten werden, daß ich meinen Lohn hätte fordern und bezahlen lassen sollen, auf der anderen Seite konnte ich nicht voraussehen, daß auf Veranlassung des Staates Ereignisse eintreten, die mich um mein wohlverdientes Geld bringen würden. Der Verlust des Betrages von RM 4800,- trifft mich besonders in der heutigen Zeit sehr hart. Ich habe mich 1939 durch Neugründung eines Papiergeschäftes selbständig gemacht, weil ich die Arisierung infolge fehlender Geldmittel nicht durchführen konnte, obwohl ich der erste Anwärter hierauf schon aus moralischen Gründen war, nachdem ich schon vor 1914 jahrelang bei Heinemann tätig war. Durch den eingetretenen Krieg und die damit verbundene Kontingentierung bekomme ich fast keine Zuteilungen an Papier, so daß mein Geschäft, welches sich 1939 ganz gut angelassen hatte und mir eine Existenz geboten hätte, jetzt nicht soviel bringt, daß ich meine Verpflichtungen erfüllen kann. Dies ist mit darauf zurückzuführen, daß meine Frau hochgradig zuckerkrank ist und ich monatlich für diese Krankheit einen Aufwand von RM 150,- habe. Ich könnte daher den Betrag von RM 4800,- jetzt sehr gut gebrauchen, um die Krankheit meiner Frau davon zu bezahlen. Vor einigen Monaten habe ich diese Sache mit Herrn Hermann Israel Heimann, dem Antragsteller, besprochen. Ich kenne Herrn Hermann Israel Heimann seit dem Jahre 1909. Da ich demselben in Jahrzehnten viele Dienste geleistet habe, hat mir derselbe angeboten, mir den Ausfall von RM 4800,- zu ersetzen. Genannter kennt meine Verhältnisse und vor allen Dingen die Krankheit meiner Frau und die mir daraus zwangsläufig entstehenden erheblichen Kosten. Hierauf ist es zurückzuführen, daß derselbe sich zur Bezahlung der fraglichen RM 4800,- bereit erklärt hat. Ich bitte nach Vorstehendem höflichst darum, nachdem der Betrag Lohn für geleistete Arbeit darstellt und ich in einer besonders schwierigen Lage bin, indem ich gegenüber anderen Volksgenossen einen erheblichen Aufwand für Krankheit, dem ich mich nicht entziehen kann, habe, den Antrag auf Zahlung der RM 4800,- aus dem beschränkt verfügbaren Konto des Hermann Israel Heimann genehmigen zu wollen. Daß meine Forderung echt ist, versichere ich hiermit ausdrücklich. Dieselbe läßt sich auch durch die beim hiesigen Finanzamt befindliche Bilanz der Firma Heinemann nachweisen.
Heil Hitler!