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Chronik und Quellen
1944
Dezember 1944

Dezember 1944

Nachdem am 2. Dezember US-amerikanische Truppen in das Saartal eingedrungen waren und die deutschen Verbände sich angesichts alliierter Angriffe elf Tage später aus dem Nordelsass zurückgezogen hatten, begann drei Tage später – und für Amerikaner und Briten überraschend - mit der Ardennenoffensive der letzte - und vergebliche - Versuch der Wehrmacht, den Ring der Alliierten im Westen zu durchbrechen. Hitlers Plan sah vor, von den Ardennen aus über die Maas vorzustoßen und Brüssel einzunehmen, um anschließend Antwerpen zurückzuerobern. Auch hierbei zeichneten sich zumindest einige deutsche Einheiten durch besondere Brutalität aus. So eröffnete eine Kampfgruppe der 1. SS-Panzerdivision „Leibstandarte Adolf Hitler“ am 17. Dezember bei Malmedy das Feuer auf eine Abteilung gefangener und z.T. verwundeter US-Soldaten, von denen 71 getötet wurden.

Nach Anfangserfolgen an der 100 Kilometer breiten Vormarschlinie erlahmte der deutsche Vorstoß aber sehr schnell. Nachdem die Wetterlage seit dem 23. Dezember wieder den Einsatz alliierter Luftstreitkräfte zuließ, erklärte Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt am ersten Weihnachtstag die Ardennenoffensive für gescheitert. Hitler hingegen lehnte dessen Forderung auf eine Rücknahme der Wehrmachtsverbände auf den „Westwall“ rundweg ab und forderte, das aussichtslose Unternehmen fortzusetzen. Dazu fehlten ihm aber sowohl Material als auch Soldaten. So teilte das US-Kriegsdepartement an Heiligabend mit, dass seit der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni bis zum 24. Dezember 800.000 deutsche Soldaten allein im Westen gefangengenommen worden seien. Allein die Ardennenoffensive kostete 20.000 deutschen und 30.000 alliierten Soldaten das Leben.

Auch im Dezember setzten die Alliierten ihre Luftangriffe auf das Reichsgebiet fort. So wurde bei einem Angriff der britischen Luftwaffe auf Heilbronn in der Nacht vom 4. auf den 5. Dezember die Altstadt nahezu völlig zerstört. 7.147 Menschen fanden allein bei diesem Angriff den Tod. Am 11. Dezember flogen alliierte Bomberverbände einen schweren Angriff auf Frankfurt am Main, sechs Tage später einen weiteren auf München. Ab dem 21. Dezember standen Angriffe auf Eisenbahnanlagen im Gebiet Köln-Bonn-Koblenz auf den Zielkarten der Bomber. Am zweiten Weihnachtstag unternahmen alliierte Luftstreitkräfte von Frankreich aus einen Angriff auf die deutschen Treibstoffwerke in Schlesien.

Das NS-Regime aber setzte weiter auf die Mobilisierung letzter Reserven. Am 5. Dezember wurden alle deutschen Frauen über 18 Jahren zur aktiven Verteidigung des Deutschen Reiches in einem der Truppenteile der Wehrmacht aufgerufen. Sie sollten sich bei den zuständigen NSDAP-Ortsgruppenleitern melden. Die NS-Frauenführerin Gertrud Scholtz-Klink gab hierzu die Parole aus: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.“

Am 8. Dezember forderte das im Vorjahr in der UdSSR gegründete „Nationalkomitee Freies Deutschland“ das deutsche Volk dazu auf, sich gegen Hitler zu erheben und den Krieg zu beenden. Die Proklamation, die auch per Rundfunk verbreitet wurde, trug die Unterschriften von 50 kriegsgefangenen deutschen Generälen, darunter auch jene des ehemaligen Oberbefehlshabers der in Stalingrad geschlagenen 6. Armee, Generalfeldmarschall Friedrich Paulus.

Der Heilige Abend im sechsten Kriegsjahr wurde in weiten Gebieten des Deutschen Reiches vom Heulen der Sirenen und in den Grenzgebieten vom Schlachtenlärm begleitet. Die Stimmung der Bevölkerung war sehr gedrückt und trotz aller Bemühungen der NS-Propaganda wenig zuversichtlich, ließen die Erfolge der Gegner an allen Fronten den Glauben an einen „Endsieg“ doch immer unrealistischer erscheinen. Die Kriegsgräuel und die mit zunehmender Not gepaarte Unsicherheit über die Zukunft hatten die Menschen zermürbt. Dagegen waren die Weihnachtsgottesdienste überall sehr gut besucht und die Kirchen überfüllt.

Joseph Goebbels und die verbliebenen überzeugten Nationalsozialisten hingegen klammerten sich weiterhin an letzte Strohhalme. In seiner Weihnachtsansprache teilte der Propagandaminister mit: „Wir haben ein Jahr hinter uns gebracht, wie es einzigartig ist in der deutschen Geschichte. Noch niemals hat unser Volk so viel an Schicksal zu ertragen, aber auch so viel an Heroismus zu beweisen gehabt, wie in diesem Jahre.“ Die Bevölkerung, so Goebbels weiter, zeige „eine Höhe seiner moralischen Widerstandskraft, die nur Bewunderung“ verdiene. „Sie ist das Unterpfand unseres schließlich kommenden Sieges.“

 

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