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Chronik und Quellen
1939
Januar 1939

Durchgangslager in England

Durch das „Jüdische Nachrichtenblatt“ gibt die Reichsvertretung der Juden am 20. Januar 1939 die Einrichtung eines Durchgangslagers für Emigranten in England bekannt:

Durchgangslager in England

Die Reichsvertretung der Juden in Deutschland teilt mit:

Bemühungen der Reichsvertretung zur Förderung und Beschleunigung der Auswanderung haben dazu geführt, daß in England ein Transit Camp (Durchgangslager) für vorläufig dreitausend, später bis zu fünftausend Juden aus Deutschland einschließlich Oesterreichs in einem vorhandenen Barackenlager in Richborough (Kent) eingerichtet wird. Es sollen dort solche Männer, grundsätzlich im Alter zwischen achtzehn und fünfunddreißig Jahren, ausnahmsweise bis zu fünfundvierzig Jahren, vorübergehende Aufnahme finden, deren Auswanderung vordringlich und deren Einwanderung in Uebersee oder Palästina gesichert, aber erst frühestens nach drei, längstens innerhalb von neun Monaten durchführbar ist. Weitere Voraussetzung ist, daß auf andere Weise ein Zwischenaufenthalt nicht zu erreichen ist.

Die in dem Durchgangslager untergebrachten Personen sollen dort, vor allem in körperlicher Arbeit, auf die Einordnung in das endgültige Einwanderungsland vorbereitet werden.

Die Reichsvertretung der Juden in Deutschland hat die Auswahl der aus dem Altreich zu entsendenden jüdischen Auswanderer (zunächst zweitausend) in Zusammenarbeit mit den jüdischen Wanderungsorganisationen (Hilfsverein, Palästinaamt) sowie den gemeindlichen und bezirklichen Fürsorgestellen übernommen.

Meldungen für die Aufnahme in das Durchgangslager sind ausschließlich bei den örtlich zuständigen Auswandererberatungsstellen des Hilfevereins der Juden in Deutschland oder, soweit das Ziel der endgültigen Auswanderung Palästina ist, bei den örtlich zuständigen Zweigstellen des Palästinaamtes anzubringen. Diese Stellen werden den Aufnahmesuchenden den vorgeschriebenen Fragebogen zur genauesten Ausfüllung übergeben und sie über die weiter zu erfüllenden Voraussetzungen unterrichten. Die Anträge werden nach Prüfung der Reichsvertretung zur Entscheidung durch eine besonders hierfür eingesetzte Kommission zugeleitet. Von der Entscheidung, die so schnell wie irgend möglich getroffen werden wird, werden die Antragsteller unverzüglich benachrichtigt, gleichzeitig erhalten sie die weiter erforderlichen Mitteilungen.

Um vermeidbare Enttäuschungen auszuschließen und die Auswahlarbeit nicht unnötig zu belasten, müssen alle Meldungen unterbleiben, bei denen die aus dem Vorstehenden ersichtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in das Durchgangslager nicht einwandfrei gegeben sind, zumal im Interesse einer gerechten Verteilung aus den einzelnen Bezirken begreiflicherweise nur eine beschränkte Anzahl von Anträgen entgegengenommen werden kann. Weiter bittet die Reichsvertretung, von jedem unmittelbaren Schriftverkehr mit ihr und von Besuchen und Anrufen abzusehen; da dadurch die Einrichtungsarbeiten nur verzögert werden, können derartige Anfragen von ihr grundsätzlich nicht beantwortet werden.

Die Plätze in dem Transit Camp, die durch Weiterwanderung frei werden, sollen fortlaufend mit neuen Auswanderern aus Deutschland, die die dargelegten Bedingungen erfüllen, wieder besetzt werden.

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