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Chronik und Quellen
1940
Juni 1940

Vierteljahresbericht der Auswandererstelle

Im Juli 1940 übermittelt der Oberpräsident der Rheinprovinz folgenden Bericht der Öffentlichen Auswanderungsstelle in Köln für die Monate April bis Juni 1940:

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(…)

Die Ausweitung des Krieges im Westen und Italiens Kriegseintritt - beide Ereignisse fallen in die Berichtszeit - sind auch auf die Auswanderung nicht ohne Einfluß geblieben, sind doch dadurch die an sich schon beschränkten Ausreisemöglichkeiten weiter beschnitten worden. Einmal ist dadurch die Einschiffung von den bisher neutralen belgischen und holländischen Häfen aus nicht mehr möglich, zum anderen haben die italienischen Schiffahrtslinien ihren Dienst eingestellt. Dadurch ist die Auswanderung nach Südamerika und auch nach Palästina außerordentlich erschwert. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß Italien bereits Ende Mai, also vor seinem Eintritt in den Krieg, die Durchreise für Juden sperrte, wovon auch diejenigen Personen betroffen wurden, die bereits im Besitz von Schiffskarten für die Ausreise ab italienischem Hafen waren. Interessant ist, daß bereits in den ersten Maitagen rückwandernde USA-Staatsangehörige von ihren Konsulaten Anweisung erhalten hatten, nicht mehr über belgische Häfen auszureisen, da dort bereits die Gefahrenzone für Amerika beginne.

Durch diese Ereignisse und Maßnahmen sind viele ausreisefertig gewesene Auswanderer - sprich Juden - in eine sehr mißliche Lage gekommen, zumal manche bereits nach dem Ausreisehafen unterwegs waren und in letzter Stunde umkehren mußten. Als einzige Hoffnung blieb die Möglichkeit der Ausreise über Lissabon, doch Spanien verweigerte Juden die Durchreise, wogegen Arier weiterhin von Lissabon aus sich einschiffen können. Sie fahren von hier nach Italien und von dort mit dem Flugzeug nach Spanien bezw. Portugal. Mittlerweile hat sich aber eine neue Ausreisemöglichkeit nach Übersee gefunden und zwar der Weg über den Fernen Osten, der mit

 

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der Eisenbahn von hier über Sowjet-Rußland, Sibirien nach Manschukuo zurückgelegt wird. Von dort aus geht es weiter nach Japan, wo dann Schiffsverbindung nach den Ver. Staaten, Australien, der Westküste Südamerikas, den südasiatischen Ländern und über das Kap der Guten Hoffnung auch nach den Oststaaten Südamerikas besteht. Die Benutzung dieses Reiseweges ist nicht nur mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden, sondern auch sehr zeitraubend und kostspielig. Aber weder der eine noch der andere Umstand kann die Juden von der Ausnutzung dieser Ausreisemöglichkeit zurückhalten.

Durch all diese Hemmnisse hätte nach Ansicht Außenstehender die Inanspruchnahme der Auswandererberatungsstelle zurückgehen müssen. Dies ist aber nicht der Fall, denn der Aufgabenkreis der Auswandererberatungsstelle ist sehr vielgestaltig. Zeitweise wurde die Bearbeitung und Aufgabe von Telegrammen jüdischer Auswanderer nach dem Ausland übernommen. In der Zeit vom 10. Mai bis 30. Juni hat die Beratungsstelle 334 Telegramme, die sich auf die Auswanderung, die Beschaffung von Bürgschaften, Schiffskarten oder noch fehlender Ausweispapiere bezogen, abgefaßt und der Geheimen Staatspolizei zur Genehmigung vorgelegt. Diese Anordnung bezüglich der Telegramme wurde mit Wirkung vom 10. Juli ds. Js. wieder aufgehoben.

Bei den Schiffahrtslinien, die die Anträge ihrer Kunden ebenfalls bei uns einreichen mußten, stießen diese Maßnahmen auf lebhaften Protest, da es ihnen als Arier widerstrebt, die jüdischen Stellen, gewissermaßen als bevormundende Stelle, in Anspruch nehmen zu müssen und dadurch die geschäftlichen Aufgaben der Schiffahrtslinien zur Kenntnis des Jüdischen Hilfsvereins kommen.

Eine neue Aufgabe der Auswandererberatungsstelle bestand in der Ausfertigung von Anträgen an das Auswärtige Amt zur Erlangung besonderer Unbedenklichkeitsbescheinigungen (Verbalnoten) für die Benutzung des Reiseweges durch Sowjet-Rußland und Japan und zwecks Erlangung der Durchreisevisa für diese beiden Länder. Die Zahl der hier ausgefertigten Anträge an das Auswärtige Amt, die diesem über die Reichsstelle für das Auswanderungswesen eingereicht werden, belief sich auf 61. Eine Anzahl Antragsteller mußte wegen ungenügen-

 

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der Unterlagen zurückgewiesen werden. Von denjenigen, deren Anträge wir annahmen, wollten 43 nach den Ver. Staaten, 8 nach Shanghai, 5 nach Argentinien, 3 nach Uruguay, 1 nach Mexiko, 1 nach Kuba. Natürlich handelte es sich auch hierbei ausschließlich um Juden.

Bei der Bearbeitung dieser Fälle ergab sich verschiedentlich die Frage, ob jüdischen Kindern, die sich im europäischen Ausland (besonders in Holland, Belgien, Frankreich) aufhalten, die Durchreise durch Deutschland gestattet würde, damit sie zusammen mit den hier lebenden Eltern das Visum für die Ver. Staaten empfangen und über Rußland-Japan ausreisen könnten. Die Reichsstelle teilte uns daraufhin mit, daß die Klärung dieser Frage der Reichszentrale für die jüdische Auswanderung im Reichsministerium des Innern überlassen werden müsse. Anfragende seien an die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (Hilfsverein), Berlin N 4, Artilleriestr. 31, zu verweisen.

Die 926 Juden, die die Beratungsstelle in der Berichtszeit erfassen konnte, haben gemäß Erlaß des Herrn Reichsminister des Innern vom 16.11.1937 325 Paßbescheinigungen erhalten, die sich auf die einzelnen Monate und Zielländer folgendermaßen verteilen:

Zielland                               April                     Mai                        Juni                       Sa.    

Ver. Staaten                           98                         35                           61                       194
Palästina                                 10                         12                          --                           22
Dominikan. Republik           10                         9                           2                           21
Bolivien                                   10                           1                          1                           12
China                                         1                           10                             2                           13
Argentinien                               6                             1                          5                           12
Luxemburg                             11                           --                             --                           11
Shanghai                                   8                           --                          2                           10
Brasilien                                     1                             2                             5                               8    
Niederlande                             3                             2                            1                             6
Belgien                                       1                             1                             -                             2
Schweiz                                     1                          -                             1                             2
Costa Rica                                 -                             -                               2                             2
Chile                                           -                          2                             -                             2
Uruguay                                     2                             -                               -                             2
Spanien                                     -                             1                               -                             1
Italien                                         -                             -                               1                           1
Thailande                                1                           -                             -                             1
Panama                                     1                             -                               -                             1
Ekuador                                    -                           -                             1                             1
Peru                                          -                           1                             -                             1      
                                               164                         77                             84                       325

Im Vorvierteljahr belief sich die Zahl der ausgestellten Paßbescheinigungen noch auf 474 bei 31 verschiedenen Zielländern.

Wieder war die Auswandererberatungsstelle Juden bei der Beschaffung der zur Auswanderung notwendigen Papiere behilflich, so zur Erlan-

 

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gung steuerlicher Unbedenklichkeitsbescheinigungen, Geburtsurkunden, Führungszeugnissen etc. Gerade bei den USA-Auswanderern ergaben sich oftmals Schwierigkeiten, weil das Konsulat neuerdings außer dem sonst üblichen Führungszeugnis für die letzten fünf Jahre nun auch noch ein zeitlich nicht begrenztes Führungszeugnis vom Geburtsort des Visumbewerbers, und zwar ebenfalls in doppelter Ausfertigung, verlangt.

Einige Mischlinge I. Grades nahmen die Beratungsstelle ebenfalls in Anspruch, um sich über das Für und Wider einer Auswanderung beraten zu lassen, desgleichen deutschblütige Frauen - besonders kinderlose - von zum Teil noch hier befindlichen, zum Teil aber auch bereits ausgewanderten Juden. Für eine medizinisch-technische Assistentin, die Mischling I. Grades ist, stellten wir Ermittlungen über den in Aussicht genommenen Ehemann an, die zurzeit noch schweben. Es handelt sich um einen Peruaner, der hier Medizin studiert und kurz vor dem Staatsexamen steht. Er ist der Sohn eines Farmers oder Senators in Chiclajo/Aord, wo er selbst sich auch später niederzulassen gedenkt. Nach Ansicht von maßgebender deutscher Seite ist vom völkischen Standpunkt aus gegen eine Verbindung dieses Mischlings mit einem Fremdstämmigen nichts einzuwenden.

Unter den 192 nichtjüdischen Personen befanden sich verschiedene ausländische Staatsangehörige, die infolge der Zeitverhältnisse in ihre Heimat rückwandern wollten, so z. B. Holländer, Südslawen, Rumänen, Italiener, ferner die staatenlose Ehefrau (gebürtige Reichsdeutsche) eines USA-Bürgers, die mit ihren beiden Kindern (amerikanische Staatsangehörige) ihrem im Februar ds. Js. zwangsläufig in die Ver. Staaten zurückgekehrten Ehemann nachfolgte.

(…)

 

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Die wiederholten Anfragen deutschblütiger junger Mädchen, die Ausländer heiraten und mit ihnen in ihre Heimat verziehen wollen, geben dem Unterzeichneten Veranlassung, seine persönliche Stellungnahme zu diesen Fragen nachstehend darzutun:

„Das Nürnberger Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15.9.1935, das die Eheschließung zwischen Deutschblütigen und Juden sowie anderen Personen artfremden Blutes behandelt, habe ich seinerzeit besonders begrüßt, weil hierdurch endlich die Reinerhaltung des deutschen Blutes gefordert wird. M. E. müßte das Gesetz aber dahingehend erweitert werden, daß auch die Eheschließung zwischen Deutschen und Personen anderer Staatsangehörigkeit, ohne Rücksicht auf die Rasse, zum mindestens genehmigungspflichtig wird. Der Auswandererberater hat durch jahrelangen Auslandsaufenthalt und eine lange Berufspraxis besondere Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln und Beobachtungen machen können. Tatsache ist, daß die Fremdstaatigen, wenn sie als Einzelperson in Deutschland auftreten, eine weitaus größere Anziehungskraft ausüben, als dies in ihrem eigenen Lande der Fall ist. Der deutsche Mensch hat leider für alles Fremde ein besonderes Interesse und läßt sich daher auch von Ausländern leicht faszinieren. Aus diesem Grunde ist es verständlich, wenn der deutsche Mensch, der unter fremden Verhältnissen und Menschen im Ausland zu leben gezwungen ist, wo es ihm an Umgang mit Stammes- und Artgenossen mangelt, dem fremden Einfluß unterliegt. Allerdings treten in diesem Falle, da man das fremde Volk als Ganzes in seinem eigenen Lande sieht, seine Schattenseiten und Mängel eher zutage. Dagegen handelt es sich bei Einzelpersonen, die im Ausland (sprich Deutschland) auftreten, meist um übertünchte Gestalten, die durch die sie hier umgehenden Verhältnisse in einem anderen resp. günstigeren Licht erscheinen.

Geht der deutsche Mensch die Ehe mit Fremdstaatigen ein, so besteht die große Gefahr, fremde Sitten und fremdes Kulturgut mit der Zeit zu übernehmen. Die Kinder aus solchen Ehen können sehr verschieden geartet sein, wie die Erfahrung allzu deutlich gezeigt hat. Einmal überwiegt die deutsche Wesensart, einmal die fremde, ein ander Mal fühlen sie sich zwischen beiden hin- und hergezogen.

Lebt der deutsche Mensch mit einem Fremdstaatigen in Ehegemeinschaft im Ausland, so zieht ihn das Heimweh nach der alten Heimat. Gibt er diesem Drängen nach und kommt nach Deutschland, so packt ihn das Fernweh und die Sehnsucht nach dem Land, das er eben verließ: er wird in den meisten Fällen weder in der Stammesheimat bodenständig,

 

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noch wird er sich in der Wahlheimat restlos wohlfühlen. Nicht anders ergeht es dem nichtdeutschen Ehepartner.

Eine deutsche Frau in Südamerika schrieb mir einmal:
„In Deutschland deutsch zu sein, ist nicht schwer!”

Ich habe in meiner jetzt 15jährigen Praxis als Auswandererberater immer darauf hingearbeitet, die Eheschließung zwischen deutschen Menschen und solchen anderer Staatsangehörigkeit - wie Balkanesen, Indiern, Persern und sonstigen Orientalen sowie anderen Asiaten, ja selbst Europäer im engeren Sinne - zu unterbinden, und ich habe dabei auch vor keinem Grenzland halt gemacht. Ich würde es begrüßen, wenn hierfür recht bald einschneidende Bestimmungen erlassen würden, denn bei der Erschließung des neuen großen Europa ist es notwendig, daß die Deutschen ein geschlossenes Ganzes bleiben und nicht durch Heirat mit Angehörigen anderer Völker die deutschen Belange gefährden und damit die Volkstumsgrenzen durchbrechen. Gerade aus diesem Grunde tut eine entsprechende Verordnung jetzt mehr not denn zu einer anderen Zeit. Es ist selbstverständlich, daß derartige Bestimmungen auf Volksdeutsche nicht anzuwenden wären.”

Die Gutachtertätigkeit der Auswandererberatungsstelle in Devisenangelegenheiten zeigt sich gegenüber dem Vorvierteljahr wenig verändert, es wurden 12 (11) Gutachten über insgesamt RM 57.000 (30.774) ausgestellt.

Mit Ausnahme eines einzigen, das über Sachwerte (Werkzeuge und Einrichtungsgegenstände für einen Ankerwickler im Werte von RM 1000.-) betrafen sämtliche Gutachten Arier, unter ihnen nur zwei Reichsdeutsche, hingegen 9 ausländische Rückwanderer.

Der eine Reichsdeutsche war selbständiger Kaufmann und übernahm die Vertretung deutscher Maschinenfabriken in Italien. Er wird später der Nachfolger seines Schwiegervaters, der in Italien an einer Firma beteiligt ist. Da die Tätigkeit des Antragstellers im deutschen Interesse liegt, befürworteten wir die Freigabe von RM 3.000,- über die Dego. Das zweite für Reichsdeutsche erstattete Gutachten betraf Heirat mit einem ungarischen Staatsangehörigen und lautete über RM 1500,- über Dego. Da der künftige Ehemann in Budapest Geschäftsführer der Tochtergesellschaft einer deutschen Büromaschinen A.G., ist, konnten wir auch hier die deutschen Belange heranziehen.

Ihrer Staatsangehörigkeit nach waren die ausländischen Antragsteller: 3 Italiener, 2 Ungarn, 2 Holländer, 1 Rumäne, 1 Jugoslawe. Von den Italienern beantragte ein Bergmann RM 350 zu transferieren. Er

 

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will mit Frau und Kind zu den Eltern ziehen und deren kleines Anwesen bewirtschaften, um für alle eine Existenz zu sichern.

Der zweite Italiener, ein selbständiger Kaufmann, plante sich mit Hilfe von Verwandten im Obsthandel eine neue Existenz zu gründen, zu welchem Zweck wir ihm RM 2.000,- begutachteten, die er über das Istituto Nazionale per i cambi con l'Estero, Rom, transferieren möchte.

Der letzte Italiener war ebenfalls selbständiger Kaufmann und ging nach jahrzehntelangem Aufenthalt in Deutschland in die Heimat zurück. Für die Errichtung eines Wein-, Spirituosen- und Südfrüchte-Geschäftes beantragte er die Genehmigung zur Einzahlung von RM 27.000,- auf das das Reichsmark-Interimskonto. Er nimmt die Vergünstigungen des für die Rückführung der Südtiroler getroffenen Transferabkommens für sich in Anspruch.

Die ungarischen Staatsangehörigen waren ein junger Bergmann mit Frau und Kind (RM 500 als Erlös der Wohnungseinrichtung) und ein älterer Kaufmann mit Frau und Sohn (RM 5000). Im letzten Falle sollte der Transfer gemäß A v E 65/39 durchgeführt werden.

Der rumänische Staatsangehörige war Volksdeutscher aus Siebenbürgen, Eisenbeton-Ingenieur von Beruf, der nach dreijährigem Aufenthalt im Reich nach Hermannstadt heimkehrt, um dort seinen Beruf weiter auszuüben und vor allem sein Anrecht auf eine spätere Altersversicherung nicht zu verlieren. Der für ihn befürwortete Betrag war RM 1500,- brutto über die Deutsche Golddiskontbank.

Der südslawische Staatsangehörige, ein älterer Invalide, der nachträglich das Schusterhandwerk in Deutschland erlernt und ausgeübt hatte, will mit Hilfe von Verwandten in der Heimat wieder eine Schusterei einrichten. Er beantragte RM 2500 netto über die Dego, weiterhin Genehmigung zur Mitnahme der alten Schusterei-Einrichtung im Werte von etwa RM 150 (vor dem Weltkrieg angeschafft).

Von den holländischen Rückwanderern war einer Landwirt mit vier kleinen Kindern, der bisher im deutschen Grenzgebiet einen Hof gepachtet hatte. Eine Verlängerung des abgelaufenen Pachtvertrages kommt nicht in Frage, da es sich um einen Erbhof handelt. Der Holländer beantragte die Genehmigung zur Mitnahme landwirtschaftlicher Maschinen und Einrichtungsgegenstände im Werte von RM 5.200 und die freie Verfügung über ein Grundstück von 9,1 ha in Holland sowie Verrechnung einer Erbschaft von ca. 7000 hfl. gegen eine Schuld an seinen Schwiegervater in Höhe von 7.500 hfl. Aus verschiedenen Gründen konnten wir uns aber nicht entschließen, die außerdem noch beantrag-

 

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te Freigabe und Mitnahme seines Viehbestandes im Werte von RM 23.850 zu befürworten, da dem Antragsteller zugemutet werden kann, das Vieh hier zu verkaufen und zu versuchen, den Erlös hieraus mit Hilfe des zuständigen niederländischen Konsulates über das deutsch-niederländische Clearingsabkommen zu transferieren.

Der andere Holländer war ein jüngerer selbständiger Gärtner, der im diesseitigen Grenzgebiet seinen Wohnsitz hatte. Auch hier konnten wir dem Antrag nicht restlos entsprechen; statt der beantragten RM 7000 begutachteten wir 5.000 RM zum Transfer über die Dego, da gemäß Erlaß 153/36 uns dieser Betrag für die Existenzgründung eines Junggesellen angemessen erschien.

Der „Deutsche Verband der Freundinnen junger Mädchen e. V.”, mit dem die Auswandererberatungsstelle in früheren Jahren häufig Verbindung hatte, ist nach Mitteilung der Reichsstelle für das Auswanderungswesen lt. Runderlaß des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei vom 20.4.40 - IV A 4b - 30/40 aufgehoben und verboten worden. Unter Hinweis auf die Strafbestimmungen des § 4 aa O wird dem Verein jede Tätigkeit untersagt, die den Versuch der Fortführung dieser Organisation oder ihrer Neugründung in anderer Form mit gleichen oder ähnlichen Zielen darstellt.

Mitte April erfuhren wir über die hiesige Industrie- und Handelskammer von der Speditionsfirma Erich Beyers, Köln, daß der Inhaber des Hanseatischen Reisebüros in Wien, Heinrich Schlie, verhaftet sein soll. Das genannte Reisebüro war bekanntlich seinerzeit bemüht, Juden zur illegalen Einwanderung nach Palästina zu verhelfen und entsprechende Transporte zusammenzustellen.

Das Reisebüro Heinrich Postelt, Hamburg 36, Poststr. 3, das in der Berichtszeit hier häufiger gefragt wurde, soll sich nach Mitteilung verschiedener Reisebüros erboten haben, alle Formalitäten für die Durchreise durch Rußland und Japan für Auswanderer zu erledigen. Wir fragten bei der Reichsstelle an, ob diese Firma die Genehmigung zur Bearbeitung von Auswanderungsfällen besitzt. Das Ergebnis der von der Reichsstelle angestellten Ermittlungen steht noch aus.

Kettniß, Leider der
Auswandererberatungsstelle.

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