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Chronik und Quellen
1942
Dezember 1942

Verwertung jüdischen Vermögens (Umzugsgut)

Am 9. Dezember 1942 berichtet der Oberfinanzpräsident Köln Folgendes an das Reichsfinanzministerium:

Der Oberfinanzpräsident                                       Köln, 9. Dezember 1942
Köln
0 5210 - 261/Th

Betrifft: Verwertung des Judenvermögens; hier jüd. Umzugsgut in Antwerpen

Vorgang: Erlaß vom 4. Juni 1942 0 5210 - 1925 VI, II. Ang. mündliche Anweisung im
                 Reichsfinanzministerium vom 13. Juni 1942 und meine Vorlage vom 18. November 1942
                 0 5400 - 261

1. Mit meiner Vorlage vom 18. November 1942 habe ich bereits berichtet, daß eine Neuregelung des Verwertungsverfahrens für das aus Antwerpen in meinen Oberfinanzbezirk gelieferte, zunächst in Neuwied eingelagerte, jüdische Umzugsgut in Aussicht genommen sei. Die Sofortmaßnahmen dieser Richtung waren in meiner mitvorgelegten Verfügung vom gleichen Tage enthalten.

Der Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis VI, Gauleiter Grohé hat im Zuge der Neuregelung den Kreisleiter Eichler in Bonn zu seinem Beauftragten für die Verwertung des jüdischen Besitztums bestimmt und ihm die in Abschrift beiliegender Verfügung vom 28. November 1942 RVK Nr. 175/G niedergelegten Weisung erteilt, damit wird die Verwertung im wesentlichen aus der Hand der Reichsfinanzverwaltung genommen. Letztere ist nur noch insofern eingeschaltet, als ihr die finanzielle Abwicklung der gesamten Verwertung verbleibt. Der Reichsverteidigungskommissar hat nach ergänzender mündlicher Erläuterung diese Aufgabenteilung für zweckmäßig gehalten, weil die Verwertung des Judenvermögens an sich für die Reichsfinanzverwaltung eine verwaltungsfremde Aufgabe darstellt, der Partei aber hierfür ein gut ausgebauter Apparat zur Verfügung steht.

Diese Regelung entspricht nicht der in der mir am 13. Juni 1942 mündlich erteilten Ermächtigung, die gesamten, zur Ausstattung der Fliegergeschädigten in Betracht kommenden Gegenstände zu einem Ge-

samtpreis an eine geeignete Stelle abzugeben. Ich halte aber dennoch die Lösung für sehr begrüßenswert, weil dadurch die hauptsächlich auftretenden Beschwerden beseitigt werden. Versteigerungen, die zu vielen Bemängelungen aus der Bevölkerung und von Seiten der Partei Anlaß gaben, fallen völlig fort. Der Handel wird entsprechend seinem eigenen Wunsche beteiligt. Alle Fliegergeschädigten werden hinfort unterschiedslos zum freihändigen Ankauf zugelassen. Umsiedler, Rückwanderer und Eindeutschsfähige kommen nur noch in beschränktem Umfang zum Zuge und nur bei den Gegenständen weniger guter Beschaffenheit, die für ihre Bedürfnisse voll ausreichen. Der Mißbrauch von Bombengeschädigten-Ausweisen, die bisher vielfach von Hand zu Hand gingen und in weitgehendstem Maße von Händlern zu ihrem Vorteil ausgenutzt wurden, fällt weg, da Käufer künftig einen Bedarfsschein des Wirtschaftsamts vorweisen müssen.

Da jedoch der Auftrag zur Verwertung des jüdischen Umzugsgutes mir erteilt worden ist, kann ich die Regelung des Reichsverteidigungskommissars nicht ohne weiteres anerkennen. Ich bitte jedoch in Betracht der damit verbundenen Vorteile ihr zuzustimmen.

2. Ich bitte um baldige Entscheidung über den Umfang der Befugnisse des Sonderbeauftragten des Einsatzstabes Rosenberg, Brecht, (Hinweis auf meine Vorlage vom 18. November 1942 Punkt 1). Eine Einschränkung der Berechtigung, Sachen zu entnehmen, ist u. a. auch deswegen geboten, weil auf dem seit Jahren in Antwerpen gelagerten Umzugsgut sehr hohe Lasten ruhen. Sie wurden zunächst von der Feldkommandantur 520 auf 1,2 Millionen Mark angegeben. Ich habe die Feldkommandantur auf das mir abschriftlich mit dem Erlaß vom 5. Juni 1942 0 5210 - 1925 VI II. Ang. mitgeteilten Fernschreiben hingewiesen, wonach das Reichsfinanzministerium seine Bereitschaft zur Übernahme von Unkosten nur bis zur Höhe von 300.000 RM erklärt hat, und um Klärung der Frage in jedem Einzelfall gebeten, ob die Spediteure und Lagerhalte nicht von den Juden bereits Vorauszahlungen erhalten haben, ob nicht Gegenansprüche gegen sie aufrechnungsweise wegen Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht geltend gemacht werden könne und ob nicht die Forderungsberechtigten durch Versicherungen ganz oder teilweise gedeckt sind. Die Feldkommandantur 520 hat daraufhin erklärt, sie rechne damit, die Höchstsumme der Unkosten auf 500.000 RM heraubzudrücken.

Dadurch, daß der Sonderbeauftragte des Einsatzstabes Rosenberg gerade die wertvollsten Stücke (echte Teppiche, Kunstwerke) entnimmt wird das Aufkommen aus der Verwertung der Liftvans wesentlich geschmälert. Ich halte es, da die Reichsfinanzverwaltung für die Unkosten

kosten aufkommt, für durchaus berechtigt, die Entnahmen des Einsatzstab Rosenbergs möglichst einzuschränken oder aber entsprechende Beteiligung an den Unkosten in Höhe des Wertes der entnommenen Gegenstände zu beanspruchen.

3. In den Richtlinien des Reichsverteidigungskommissars vom 28. November 1942 ist in Ziffer 8 vorgesehen, daß die Gegenstände des Judenguts, die weder vom Handel, noch von den Fliegergeschädigten, noch vom Gebrauchwarenhandel und den Umsiedlern entnommen werden, der NSV unentgeltlich überlassen werden. Diese Anweisung widerspricht dem § 47 Abs 1 Satz 1 der Reichshaushaltsordnung, wonach Gegenstände des Reichseigentums nur gegen einen, dem vollen Wert entsprechenden Preis veräußert werden dürfen. Ausnahmen kann der Herr Minister nur zulassen, wenn es im dringenden Reichsinteresse geboten ist und der Wert der Gegenstände den Betrag von insgesamt 5000.- RM nicht überschreitet. Es kann sich bei den übrig bleibenden Sachen nur um Gegenstände handeln, die keinen Verkehrswert mehr haben oder doch nur einen so geringen, daß insgesamt der Betrag von 5000 RM nicht erreicht werden wird. Als Gegenleistung übernimmt die NSV die Verpflichtung, die Sachen innerhalb 48 Stunden abzuholen. Diese Gegenleistung hat einen gewissen Geldwert, weil andernfalls die Verwaltung Fuhrwerk und Lagerraum einsetzen müßte, um die Sachen aus der Messehalle abzubefördern und einzulagern, weil die Messehalle fortlaufend für neu hinzukommendes Gut wieder verfügbar sein muß. Ich trage daher keine Bedenken, die Zustimmung zu diesem Punkt zu befürworten.

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