Umgang mit „Judenmöbeln“
Am 28. November 1942 teilt der Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis VI dem NSDAP-Kreisleiter von Bonn Folgendes mit:
Der Reichsverteidigungskommissar Essen, den 28. November 1942
für den Wehrkreis VI Thomashaus
Dienststelle Oberpräsidium der Rheinprovinz
in Essen
Betrifft: Judenmöbel.
Ich bestimme Sie hiermit zu meinem Beauftragten für die Verwertung des nicht arischen Besitztums, das aufgrund der Sondermaßnahmen für die fliegergeschädigte Bevölkerung Kölns in Form von Lifts und auch in Kisten verpackt aus Belgien und Holland zur Verfügung gestellt worden ist und das zurzeit in Neuwied lagert.
Darüber hinaus bezieht sich die Vollmacht auf alle diejenigen Sendungen, die weiterhin aus irgendwelchen anderen Gebieten zu diesem Zweck für die fliegergeschädigte Bevölkerung im Gau Köln-Aachen zur Verfügung gestellt werden.
Bei der Durchführung des Verfahrens ist folgendes zu beachten:
1.) Die Aussortierung des nicht arischen Besitztums erfolgt nach wie vor in Neuwied. Verantwortlich hierfür ist der Beauftragte des Einsatzstabes Rosenberg - Pg. Brecht -.
2.) Der Reichsverteidigungskommissar wird sich beim erstmaligen Öffnen der Lifts in Neuwied regelmäßig oder von Fall zu Fall vertreten lassen, um jederzeit Einblick darin zu erhalten, was von Herrn Brecht als unbrauchbar aussortiert oder als nicht arisches Kulturgut bezw. als Kunstgegenstände für Zwecke des Einsatzstabes Rosenberg in Anspruch genommen wird. Er erwartet, daß den seinerzeitigen Vereinbarungen entsprechend, insbesondere bei den Kunstgegenständen, nur das zurückbehalten wird, was einen besonderen Kunstwert, ja sogar Museumswert besitzt. Sollten sich die örtlichen Vertreter des Reichsverteidigungskommissars und des Einsatzstabes Rosenberg in Neuwied hierüber nicht verständigen, so ist der Einzelfall dem Herrn Reichsverteidigungskommissar vorzutragen, der sich für derartige Fälle die weiteren Schritte vorbehält.
3.) Die Lifts werden dann zum Versand nach Köln in Neuwied neu verpackt. Über ihren Inhalt wird ein besonderes Verzeichnis aufgestellt, das dem Reichsverteidigungskommissar bezw. der von diesem beauftragen Stelle zugesandt wird. Die Lifts selber erhalten laufende Nummern. Ein Durchschlag des Inhaltsverzeichnisses behält Herr Brecht bei seinen Akten zurück.
4.) An Hand dieses Inhaltsverzeichnisses erfolgt die Entladung in Köln im Beisein der in dem Vorschlage der Kreisleitung Köln vom 20.11.1942 benannten Herren. Darnach erfolgt also die endgültige Verwertung zu Gunsten der Fliegergeschädigten
a) durch den Handel,
b) durch die Fliegergeschädigten selbst,
c) durch den Gebrauchtwarenhandel,
e) durch die NSV.
Die endgültige Verwertung muß jederzeit nachgewiesen werden können, sodaß an Hand des Inhaltsverzeichnisses in Verbindung mit diesem Nachweis sofort festgestellt werden kann, an wen und zu welchem Preis das Gut verkauft worden ist.
5.) Die finanzielle Abwicklung der gesamten Verwertung bleibt nach wie vor in den Händen des Oberfinanzpräsidenten in Köln. Mit diesem ist auch zu vereinbaren, welche Unkosten und Auslagen, die durch die Verwertung entstehen, erstattet werden.
6.) Die Preisregelung erfolgt durch die Preisbildungsstelle beim Oberpräsidium der Rheinprovinz oder eine von dieser beauftragten anderen Preisbehörde.
7.) Eine Berücksichtigung der volksdeutschen Siedler kommt nur in dem noch erforderlichen Umfange in Frage, aufgrund einer besonderen Vereinbarung mit der vom Reichsverteidigungskommissar beauftragten Stelle.
8.) Das der NSV. zur Verfügung gestellte Judengut wird, nachdem die grundsätzliche Genehmigung des Herrn Reichsfinanzministers eingeholt worden ist, unentgeltlich übergeben.
Die NSV übernimmt dafür die Verpflichtung, diese Sachen innerhalb von zweimal 24 Stunden abzuholen.
9.) Keiner der dienstlich an der Verwertungsaktion Beteiligten darf ohne schriftliche Zustimmung des jeweiligen Dienstvorgesetzten Gegenstände aus dem Judengut direkt oder indirekt erwerben.
10.) Die Fliegergeschädigten dürfen mit Rücksicht auf den Mißbrauch, der bisher mit der grünen Ausweiskarte für Fliegergeschädigte getrieben worden ist, nicht hiermit, sondern nur aufgrund eines neu vom Wirtschaftsamt zu erstellenden Bedarfsscheines kaufen.
An Hand dieser Grundsätze bitte ich nunmehr, die Einzelheiten zu regeln und mir über die Durchführung und die endgültigen Abmachungen innerhalb von drei Wochen zu berichten. Darüber hinaus ist mir bis zum 1. eines jeden Monats eine Übersicht über die durchgeführten Maßnahmen vorzulegen.