Richtlinien für „Transporte“ von Juden
Die Bezirksstelle Rheinland der Reichsvereinigung der Juden teilt der jüdischen Bevölkerung in ihrem Einzugsbereich am 30. Mai 1942 Folgendes mit:
Bezirksstelle Rheinland Köln, den 30. Mai 1942.
der Reichsvereinigung der Rubensstrasse 33
Juden in Deutschland
An alle Juden unserer Bezirksstelle!
[..] in letzter Zeit in verschiedenen Kreisen unseres Bezirkes behördlicherseits Vorbereitungen getroffen werden, die auf weitere Abwanderungen schliessen lassen, halten wir es für erforderlich, nachstehende Richtlinien für evtl. Transporte bekanntzugeben.
Wir betonen ausdrücklich, dass es sich nur um Richtlinien handelt, die selbstverständlich durch besondere Anordnungen der zuständigen Behörden abgeändert und ergänzt werden können.
Gepäck darf in den meisten Fällen bis zu einem Gesamtgewicht von 25-30 kg pro Person mitgenommen werden. Es soll im Allgemeinen nicht mehr Gepäck mitgenommen werden, als der Einzelne tragen kann. Das Gepäck ist zweckmässig so zu verpacken, dass die notwendigen Kleidungsstücke sowie Wäsche in einem handlichen Koffer mitgenommen werden. Decken und Bettkissen rolle man in einen Bettsack zusammen und die erforderlichen Lebensmittel, sowie die sonstigen Bedarfs- und Gebrauchsgegenstände sind am Besten in einem Rucksack unterzubringen. Koffer, Bettsack und Rucksack sind deutlich mit dem Namen des Inhabers zu kennzeichnen. (einschl. Vornamen Israel bezw. Sara.) Wenn es die Zeit erlaubt, empfiehlt es sich auch, alle anderen Gegenstände mit einem Namen oder Zeichen zu versehen.
Lebensmittel werden je nach Anweisung der Behörde mitgenommen werden müssen. Es wird wahrscheinlich so sein, dass sich die Transportteilnehmer bis zur Abfahrt des Transportes in den Sammelunterkünften selbst versorgen müssen. Für den Transport selbst sind Lebensmittel für die Dauer der Fahrt mitzunehmen, die jeweils rechtzeitig von der Behörde bekanntgegeben wird.
Ein Vorgriff auf noch nicht fällige Lebensmittelmarken ist strengstens untersagt, es sei denn, dass die Behörde mit Rücksicht auf die Dauer der Fahrt und unter Berücksichtigung der Ernährungsverhältnisse des Zielortes Anweisung gibt, für längere Zeit als die laufende Wochenperiode Lebensmittel mitzunehmen.
Wer Lebensmittel im Hause hat, die er nicht mitnehmen kann, gebe sie an die Zurückbleibenden oder verteile sie an diejenigen Transportteilnehmer, die mit Lebensmitteln knapp sind. Auch die Jüdischen Notstandsküchen sind dankbar für alle derartigen Spenden. Alle nicht mitgebrachten Lebensmittelkarten sind in einem Briefumschlag zu verschliessen und mit dem Namen des Inhabers versehen zur Abgabe im Sammellager kurz vor Abgang des Transportes bereitzuhalten.
Vergesse niemand, einen Essnapf und einen Löffel sowie einen Trinkbecher stets handbereit bei sich zu führen.
Geld. Bei den meisten Transporten, die bisher weggegangen sind, musste jeder Transportteilnehmer Mk. 50.-- zahlen, die vorher einge[..] und in Reichskreditkassenscheine umgewechselt werden.
Wohlfahrtsempfänger, die diesen Betrag aus eigenen Mitteln nicht aufbringen, müssen sich sofort mit ihrem Vertrauensmann in Verbindung setzen, der sich seinerseits an die Bezirksstelle Rheinland, Köln, Rubensstrasse 33 zu wenden hat, um die evtl. fehlenden Beträge anzufordern.
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