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Chronik und Quellen
1938
November 1938

Aufstellung jüdischen Vermögens

Der Reichswirtschaftsminister listet am 21. November 1938 das sofort verfügbare Vermögen der Juden auf:

Betr.: Anmeldung des Vermögens von Juden.

Anliegend übersende ich eine Zusammenstellung der auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 eingegangenen Anmeldungen für das gesamte Reichsgebiet (außer den sudetendeutschen Gebieten) zur gefälligen vertraulichen Kenntnisnahme.

In dem beigegebenen „Begleitbericht“ ist dargelegt, welcher Anteil des angemeldeten jüdischen Vermögens als sofort erfaßbar angesehen werden kann.

Zu III Jd. 8910/38.
Begleitbericht

Die anliegende nunmehr für das ganze Reich vorliegende Erfassung des jüdischen Vermögens gibt zu folgenden Bemerkungen Anlaß:

1.) Als nicht angreifbar wird das Vermögen des nichtjüdischen Ehegatten sowohl der inländischen wie auch der staatenlosen Juden anzusehen sein. Die geringe Höhe des nichtjüdischen Ehegattens-Vermögens läßt darauf schließen, daß beachtenswerte Verschiebungen des Vermögens des jüdischen Ehepartners auf den nichtjüdischen kaum vorgekommen sind.

2.) Als nicht antastbar wird auch das inländische Vermögen ausländischer Juden mit Sitz im Inland zu gelten haben. Tritt man dieser Auffassung bei, so ist an greifbarem Vermögen vorhanden

1.) das Vermögen der inländischen Juden und
2.) das Vermögen der staatenlosen Juden.

Die Addition der Vermögenswerte ergibt folgendes Bild:

a) Land- und forstwirtschaftliches Vermögen: 112 Millionen RM
b) Grundvermögen: 2343 Millionen RM
c) Betriebsvermögen (nach Abzug der Betriebsschulden): 1195 Millionen RM
d) Sonstiges Vermögen: 4881 Millionen RM
e) Bruttovermögen (Addition von a bis d): 8531 Millionen RM
Hiervon sind Schulden und Lasten, soweit sie nicht das Betriebsvermögen betreffen, abzuziehen mit: 1408 Millionen RM
f) Nettovermögen (angemeldetes Vermögen nach Abzug aller Schulden): 7123 Millionen RM

Die Prüfung dieses angreifbaren Vermögens unter dem Gesichtspunkt der Liquidität ergibt folgendes Bild:

Als illiquides Vermögen ist anzusehen

a) das land- und forstwirtschaftliche Vermögen,
b) das Grundvermögen,
c) das Betriebsvermögen.

Als Betriebsvermögen ist die Differenz zwischen Aktiven und Passiven erfaßt. Wieweit hierin liquide Mittel (Bankkonto, Postscheck, Wertpapiere, sofort veräußerliche Rohstoffe) liegen, ist aus der Erhebung nicht zu entnehmen, weil die Verhältnisse bei jedem Betrieb anders liegen. Im übrigen sind die im Betriebsvermögen stehenden liquiden Mittel für die Aufrechterhaltung des Betriebes im allgemeinen notwendig und scheiden deshalb für einen sofortigen Zugriff aus.

Als liquide kann allein der Posten „Sonstiges Vermögen“ mit einem Betrage von 4881 Millionen RM angesehen werden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß als „Sonstiges Vermögen“ auch nicht fällige Lebensversicherungen sowie Nießbrauch- und Rentenrechte erfaßt sind. Ein kleiner Teil dieses Betrages wird daher als illiquide angesehen werden müssen. Gegenüber einer liquiden Vermögenssumme von 4881 Millionen RM steht eine Schuldenlast von 1408 Millionen RM. Wieviel von diesen Schulden auf Grundbesitz ruhen, wieviel ungedeckte Schulden sind und somit im Interesse einer Befriedigung der Gläubiger bei einem Zugriff auf das sogenannte „Sonstige Vermögen“ vorher abgesetzt werden müssen, ist aus der Erhebung nicht zu entnehmen.

Schließlich ist noch zu bemerken, daß die obenstehenden Zahlen auf einer statistischen Erhebung vom 27. April 1938 beruhen, daß aber inzwischen beachtliche Werte, die zahlenmäßig auch nicht einmal geschätzt werden können, unter dem wahren Wert an nichtjüdische Gewerbetreibende veräußert worden sind. Es besteht daher durchaus die Möglichkeit, daß das liquide Vermögen infolge der inzwischen vorgenommenen Entjudung größer, das illiquide Betriebsvermögen dagegen kleiner geworden ist.

[Es folgt noch eine Tabelle der „auf Grund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden wurden im Reich insgesamt“ angemeldete Vermögenswerte.]

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