Bestandsaufnahme zum Pogrom
Der bayerische Innenminister informiert den Bayerischen Ministerpräsidenten am 11. November 1938 über Beendigung und Folgen der Pogromnacht:
Sehr verehrter Herr Ministerpräsident!
Ich nehme höflichst auf meine fernmündliche Mitteilung vom 10. November abends an Sie nach Würzburg Bezug und gestatte mir höflichst, Ihnen anbei den Ihnen durchgegebenen Text zu übermitteln.
Heil Hitler!
Karl Oberhuber
1 Anlage!
Abschrift!
Ich habe die Ehre, Ihnen folgendes, bereits fernmündlich Durchgegebene, zu übermitteln: Reichsminister Pg. Dr. Goebbels hat dem Herrn Minister fernmündlich folgendes mitgeteilt:
„Sämtliche Aktionen gegen die Juden sind als abgeschlossen zu betrachten, nachdem Pg. Goebbels dem Führer Vortrag erstattet hat. Der Führer sanktioniert die bisher getroffenen Massnahmen und erklärt, dass er sie nicht missbillige. Er hat weiterhin nichts dagegen, wenn die einzelnen Gaue von sich aus versuchen, jüdische Geschäfte zu schliessen oder zu arisieren, je nach Lage in den Gauen. Der Führer gedenkt, ungefähr in einer Frist bis Ende dieses Jahres alle jüdischen Geschäfte gegen eine auf den Namen des Inhabers lautende gering verzinsliche Staatsanleihe zu enteignen.
Bezüglich des Protestes des polnischen Generalkonsulats über den toten Juden Both sollen wir diesen Schritt nicht allzu ernst nehmen. Wir stellen anheim, die polnischen Juden aus München herauszunehmen, um sie nicht in Gefahr zu bringen, da bei solchen spontanen Aktionen kaum ein Unterschied zwischen polnischen und deutschen Juden gemacht wird.“
Ich übermittle Ihnen folgende Anordnung des Herrn Staatsministers:
„1) Es ist den Juden zu eröffnen, dass sie mit eigenen Mitteln die zerstörten Geschäfte in Ordnung zu bringen haben und die Schäden auf eigene Kosten zu nehmen haben.
2) Ferner haben die Juden aus eigenen Mitteln die Gehälter und Löhne der Angestellten zu tragen, solange die Juden noch Eigentümer der Geschäfte bezw. Unternehmungen sind, auch wenn diese geschlossen bleiben.
3) Den Juden ist ferner zu eröffnen, dass jeder Verkauf und jede Verkaufsverhandlung von jüdischen Geschäften und Unternehmungen und zwar von beweglichen und unbeweglichen Gütern der vorherigen Zustimmung der Gauleitung München-Oberbayern unterliegen.“
Diese Massnahme im Gau München-Oberbayern soll durch den Leiter der Polizeiabteilung, SS-Obergruppenführer Freiherrn von Eberstein über die Polizeidienststellen in ganz Bayern durchgegeben werden.
Eine Mitteilung für Herrn Ministerpräsident Siebert:
Es versuchen einige Länder, z.B. Oldenburgjüdische Geschäfte und Unternehmungen sofort zu enteignen. Es ist, vertraulich mitgeteilt, die Meinung des Führers, dass diesen örtlichen Regelungen nicht durch eine Reichsregelung vorgegriffen werden soll.
Heil Hitler!