Generalbauinspektor fordert Massenkndigungen
Albert Speer bittet am 6. Oktober 1938 das Reichswirtschaftsministerium, die Massenkündigung jüdischer Mieter in Berlin zu unterstützen:
Lieber Schmeer!
Nachstehend möchte ich Dir folgenden Sachverhalt vertraulich mitteilen.
Durch die im Rahmen der Neugestaltung der Reichshauptstadt notwendig werdenden zahlreichen Abrisse von Wohngebäuden werden für die nächste Zeit etwa 2500 Grosswohnungen, d.h. solche über 5 Wohnräume, benötigt. Die Erstellung dieser Grosswohnungen bringt nicht unerhebliche Schwierigkeiten mit sich, da die Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft der Stadt Berlin, die im wesentlichen die Ersatzwohnungen errichtet, Grosswohnungen nur im beschränkten Umfange aufführen kann. Insbesondere können zu den von mir festgelegten Räumungsterminen - 1.4.1939 und 1.10.1939 - diese Grosswohnungen nur zu einem verhältnismässig kleinen Teil fertiggestellt werden.
Ich beabsichtige daher, zu versuchen, eine gesetzliche Regelung dahin zu erwirken, dass die Möglichkeit besteht, den jüdischen Mietern von Grosswohnungen zu kündigen. Da sowohl der Oberbürgermeister als auch die Schutzpolizei und die Parteiorganisation zurzeit mit anderweitigen Aufgaben überlastet sind, habe ich mit der Deutschen Arbeitsfront in einer gemeinsamen Besprechung vereinbart, dass diese durch ihre Blockwalter in den politischen Kreisen I, II und IV etwa 2500-3000 jüdische Grosswohnungen heraussucht und mir das Ergebnis dieser Ermittlungen zustellt.
Unabhängig davon läuft eine Aktion bei dem Reichsjustizministerium auf Entzug des Mieterschutzes für Juden überhaupt.
Ob insbesondere in Berlin, wo etwa 50 000 jüdische Haushaltungen vorhanden sind, diese Aktion schon so rechtzeitig durchgeführt werden kann, dass diese jüdischen Wohnungen als Ersatzräume für die abgebrochenen Häuser dienen können, möchte ich bezweifeln, da vorläufig die Frage der Unterbringung der Juden noch nicht geklärt ist.
Ich beabsichtige daher, meinen Plan unabhängig von dem Vorgehen des Reichsjustizministers beschleunigt voranzutreiben, und wäre Dir dankbar, wenn Du diese Bestrebungen unterstützen würdest.
Ich habe bereits mit dem Oberbürgermeister und der Gemeinnützigen Wohnungsund Siedlungsgesellschaft über Errichtung eines Blockes von 2500 Kleinwohnungen (2-2½ Vi Zimmer-Wohnungen) verhandelt, in die ich dann diese jüdischen Grosswohnungsmieter unterzubringen beabsichtige.
Die Errichtung eines solchen Blockes von Kleinwohnungen würde nach oberflächlicher Schätzung etwa 25 Millionen betragen. Wäre ich dagegen genötigt, auch die durch die Abrisse benötigten Grosswohnungen neu zu errichten, so würde hierfür ein Kapital von etwa 65 Millionen aufzubringen sein.
Für die von mir beabsichtigte Umsiedlung der jüdischen Grosswohnungsmieter würde ich mithin einen Betrag von etwa 40 Millionen der öffentlichen Hand ersparen können. Ich gebe Dir hiervon zunächst vertraulich Kenntnis.
Heil Hitler!