Nachprüfung von "Entjudungsgeschäften"
Der Beauftragte für den Vierjahresvertrag erlässt am 10. Juni 1940 folgende Verordnung:
Verordnung über die Nachprüfung von Entjudungsgeschäften.
Vom 10. Juni 1940. - Reichsgesetzbl. I S. 891.
Auf Grund der Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplans vom 18. Oktober 1936 (Reichsgesetzbl. I S. 887) wird folgendes verordnet:
§ 1
Hat bei einer nach dem 30. Januar 1933 durchgeführten Entjudung eines gewerblichen, land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder anderer Vermögenswerte der Erwerber oder sein Rechtsnachfolger einen unangemessenen Vermögensvorteil erlangt, so kann der Erwerber oder Rechtsnachfolger zu einer Ausgleichszahlung zu Gunsten des Reichs herangezogen werden. Das gleiche gilt für denjenigen, der den Erwerb vermittelt hat.
§ 2
(1) Ist ein Jude, der als leitender Angestellter in einem Wirtschaftsunternehmen tätig war, vor Inkrafttreten der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 1580) aus dieser Stellung ausgeschieden, so kann auf Antrag des Schuldners oder des Reichswirtschaftsministers eine verbindliche Regelung der aus dem Dienstverhältnis herrührenden vermögensrechtlichen Ansprüche durch Entscheidung einer Schiedsstelle erfolgen. Wird ein Antrag auf Entscheidung der Schiedsstelle gestellt, so ist der Rechtsweg unzulässig.
Rückseite beachten.
(2) Erlangt der Schuldner durch die Entscheidung der Schiedsstelle einen erheblichen Vorteil, so kann die Schiedsstelle in der Entscheidung dem Schuldner eine Ausgleichszahlung zu Gunsten des Reichs auferlegen, sofern dies unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. Hat ein Unternehmer den Vorteil durch Kündigung eines jüdischen leitenden Angestellten auf Grund des § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 1580) erlangt, so kann unter denselben
Voraussetzungen eine Ausgleichszahlung zu Gunsten des Reichs nach § 1 angeordnet werden.
§ 3
Die zur Durchführung und Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Vorschriften erläßt der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern und den übrigen beteiligten Reichsministern.
§ 4
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
Berlin, den 10. Juni 1940.