Pressebericht über Konferenz in Evian
Am 16. Juli 1938 berichtet der Völkische Beobachter über die Konferenz von Evian:
Das Ergebnis der Judenkonferenz.
Eigener Bericht des VB. dt. Genf, 15 Juli.
Es ist vielleicht nur ein Zufall, daß die Emigrantenkonferenz von Evian, auf der das jüdische Element weitaus am stärksten vertreten war und auch am stärksten berücksichtigt wurde, rechtzeitig vor Beginn der Sabbatruhe zum Abschluß gekommen ist. Es war allerdings kein jüdischer Kongreß, sondern eine Konferenz von Regierungen, die sich darüber klar werden wollten, wie man die aus Deutschland abgewanderten und künftig noch abwandernden Juden unterbringen soll.
Daß die katholische Kirche durch einen Geistlichen auf der Konferenz vertreten war, der sich Pater Odo nannte und die gegen das Dritte Reich arbeitende internationale Presse eifrig informierte, war ein bezeichnendes Symptom.
Die drei großen Demokratien, namentlich die Vereinigten Staaten als Veranstalter der Konferenz, hatten Evian als eine Verheißung für das internationale Judentum angekündigt und damit neben gewissen innerpolitischen Wirkungen auch übertriebene Hoffnungen hervorgerufen, die sich im Laufe der Konferenz gegen die Veranstalter selbst zu kehren drohten. Die Juden merkten bald, daß sie nicht so zu Wort und Geltung kamen, wie sie sich das in Paris, Neuyork und Genf vorgestellt hatten.
Mit der Greuelpropaganda z.B. wäre es überhaupt nichts gewesen, wenn sich nicht einige jüdische Journalisten, die in neutralen Ländern Gastfreundschaft genießen, angestrengt hätten, mit Unterstützung gewisser amerikanischer Delegierter aus dieser Konferenz ein Maximum an antifaschistischer Hetze herauszuholen. Die meisten Regierungsvertreter, das muß zu ihrer Ehre gesagt werden, verhielten sich diesen Treibereien gegenüber ablehnend und waren sorgsam darauf bedacht, in ihren eigenen Kundgebungen jede Polemik gegen Deutschland zu vermeiden.
In diesem Sinne will die in der freitägigen Schlußsitzung angenommene Entschließung gewertet sein. Sie befriedigt im Grunde genommen niemanden, denn sie sieht weder konkrete Maßnahmen für die Unterbringung der überall unerwünschten Juden vor, noch enthält sie irgendeinen Protest gegen die deutschen Rassengesetze. Sie geht vielmehr von der Notwendigkeit einer weiteren jüdischen Auswanderung als einer gegebenen Tatsache aus. Nur möchte man diese Auswanderung in geordnete Bahnen lenken und vor allem die Mitnahme der jüdischen Vermögen sichern.
Die Konferenzmächte sagen nicht, wie sie sich die Durchführung dieses Problems vorstellen. Das in London zu errichtende Büro soll einen amerikanischen Direktor erhalten, der mit dem „Ursprungsland“ Verhandlungen aufnimmt.3 Ob derartige Verhandlungen überhaupt in Gang kommen, weiß im Augenblick in Evian niemand. Man hat daher, um einen möglichen Erfolg nicht zu gefährden, die Konferenz am Freitagmittag nach Schlußansprachen des amerikanischen, englischen und französischen Vertreters mit sehr gedämpftem Trommelklang begraben.
Das ist eine bemerkenswerte Änderung der Tonart, wenn man bedenkt, daß der gleiche Senator Berenger, der in seinem Schlußwort am Freitag von Annäherung und Verständigung sprach, früher in der vordersten Reihe der Agitatoren gegen die in Deutschland gefundene Lösung des Judenproblems stand.
Eine Spezialaufgabe hatte der englische Hauptdelegierte, Lord Winterton, zu erfüllen, dem die Zionisten im Laufe der Konferenz vorgeworfen hatten, er habe eine Anstandspflicht versäumt, indem er in seiner Eröffnungsansprache kein Wort von Palästina erwähnte. Winterton gab den Zionisten zu verstehen, daß England sich in der Palästinapolitik volle Entscheidungsfreiheit Vorbehalte und sich von jüdischer Seite weder zu einer sofortigen Änderung seiner Einwanderungspolitik noch zu irgendwelchen bindenden Zusagen für die Zukunft drängen läßt. Dagegen machte er den Juden gewisse Hoffnungen auf Kenya, wo allerdings nur Landerwerb durch einzelne, nicht etwa eine jüdische Masseneinwanderung von England zugelassen werden würde. Die Hoffnungen auf ein umfangreiches Siedlungsgebiet, das später auch die polnischen Juden aufnehmen könnte, sind somit, was Ostafrika betrifft, zuschanden geworden.
Und doch ist es hier allgemeine Überzeugung, daß nur die Länder mit großem Kolonialbesitz, voran das Britische Reich, eine ernsthafte und dauerhafte Lösung des europäischen Judenproblems herbeiführen könnten, indem sie den Juden, die in jedem nationalen Staatswesen unwillkommene Gäste sind, ein Gebiet zur Verfügung stellen, wo sie unter sich mit den sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben fertig werden sollen, die sie bisher nur als innerlich unbeteiligte Zuschauer inmitten fremder Völker kennengelernt haben.