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Chronik und Quellen
1938
Juni 1938

Presseartikel zum Staatsangehörigkeitsrechts

Am 15. Juni 1938 berichtet die „Frankfurter Zeitung“ über die Anwendung des Staatsangehörigkeitsrechts zur Ausgrenzung von Juden:

Der Ausbau des Staatsangehörigkeitsrechts. - Anregungen von Staatssekretär Dr. Stuckart.

(Privattelegramm der „Frankfurter Zeitung“.)

Berlin, 14. Juni. In der Festnummer der Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht zur fünften Jahrestagung der Akademie äußert sich Staatssekretär Dr. Stuckart vom Reichsministerium des Innern zu Problemen des Staatsangehörigkeitsrechtes. Er bemerkt, daß die Zukunft lehren müsse, ob und inwieweit die von ihm erörterten Grundsätze ihre gesetzliche Lösung finden würden. Zwar seien die größten Mißstände bereits durch das Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit beseitigt, es werde auch nur noch eingebürgert, wer in rassebiologischer Hinsicht einen erwünschten Bevölkerungszuwachs darstelle. Allein damit könnten die gerade in der Judenfrage notwendigen Maßnahmen auf dem Gebiete des Staatsangehörigkeitsrechtes nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Wenn auch den im Inlande ansässigen Juden aus allgemeinpolitischen Erwägungen die deutsche Staatsangehörigkeit belassen werden möge, so gehe es doch auf der anderen Seite nicht an, den nach dem derzeitigen Staatsangehörigkeitsrecht noch möglichen weiteren Zugang von Juden in den deutschen Staatsverband durch außereheliche Geburt, durch Legitimation und durch Heirat auch in Zukunft zu dulden. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht werde daher Vorsorge treffen müssen, daß Juden die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt, Legitimation und Heirat künftig nicht mehr erwerben könnten. Daß dieselbe Regelung auch zum Beispiel für die Zigeuner werde getroffen werden müssen, bedürfe keiner näheren Erörterung. Weiter werde bei der Neugestaltung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit durch Verehelichung der Frau nicht allein die rassisch unerwünschte Ausländerin auszu-nehmen sein, in gleicher Weise müßten auch die deutschblütigen Ausländerinnen behandelt werden, die allem rassischen Empfinden zuwider einen Juden deutscher Staatsangehörigkeit heirateten. Im übrigen werde aber der automatische Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Verehelichung einer Ausländerin mit einem deutschen Staatsangehörigen beibehalten werden müssen. Dem Erwerb durch Aufnahme und durch Anstellung sollte man nicht nur von vornherein endgültig und bedingungslos zustimmen. Vielmehr erscheine eine gewisse Bewährungsfrist von etwa fünf Jahren als angemessen. Von den weiteren Einzelhinweisen des Staatssekretärs sei der hervorgehoben, daß die Aberkennung der Staatsangehörigkeit von Amts wegen auch in Zukunft beizubehalten sei. Es sei zu prüfen, ob eine Aberkennung auch für im Inland begangene Treuepflichtverletzungen eingeführt werden solle.

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