Direktor des Reichsarchivs an das Reichsinnenministerium
Der Direktor des Reichsarchivs fordert am 19. Januar 1938 den Reichsinnenminister auf, Juden die Archivbenutzung zu verbieten:
Betr.: Archivbenutzung durch Juden und jüdische Mischlinge
Durch den Erlaß VI A 13611/6062 vom 20. Dezember 1937 betr. Sperrung der Aktenbenutzung für Dr. Hans Goldschmidt ist in einem Einzelfalle über die Gewährung der Benutzungserlaubnis für einen Nichtarier entschieden worden. Anträge, die der nichtarische Professor Dr. Hans Rothfels an das Reichsarchiv und das Preußische Geheime Staatsarchiv wegen Benutzung von Archivalien des 19. Jahrhunderts gerichtet hat und Beobachtungen, die ich über andere derartige Fälle gemacht habe, geben mir Veranlassung, nunmehr eine grundsätzliche und allgemeine Regelung dieser im nationalsozialistischen Staat und Geistesleben bedeutsamen Frage zu beantragen.
Im Dritten Reich ist der Einfluß des Judentums auf das deutsche Kultur- und Geistesleben durch gesetzliche Maßnahmen vollkommen ausgeschaltet. Das ist auch auf dem Gebiete der Geschichtswissenschaft der Fall. Kein Jude kann an deutschen Universitäten Vorlesungen über deutsche Geschichte halten und damit von seinem fremden Volkstum aus die heranwachsende Generation beeinflussen. Kein Jude kann eine geschichtswissenschaftliche Zeitschrift herausgeben oder als Archivar im staatlichen Hoheitsauftrage das geschichtliche Quellengut der deutschen Nation verwalten. Aber als Herausgeber und Darsteller auf dem Gebiete unserer Geschichte können sich auch heute noch Juden und jüdische Mischlinge betätigen, ja manche erhalten sogar hierzu staatliche Aufträge und Mittel. Jeder wird den Gedanken, daß ein Nichtarier einem deutschen Publikum eine Beethoven-Symphonie, ein Musikdrama Richard Wagners oder ein klassisches Schauspiel vorführt und deutet, als unmöglich bezeichnen. Aber es ist Tatsache, daß die wichtigsten Vorgänge und Zusammenhänge unserer nationalen Geschichte, von denen die stärksten Einflüsse auf unser heutiges Handeln und Denken ausgehen können, auch heute noch von Juden und jüdischen Mischlingen erstmalig aus den Quellen erschlossen und in jüdischer Auffassung der deutschen Öffentlichkeit dargeboten werden. Nach wie vor können Nichtarier die in den staatlichen Archiven verwahrten Zeugnisse des deutschen Staats- und Kulturlebens bearbeiten. Durch Auswahl und Deutung des geschichtlichen Quellenstoffes haben so Juden die Möglichkeit zu einer vielleicht gerade durch ihre Unfaßbarkeit und Unauffälligkeit besonders gefährlichen Einflußnahme.
Hier scheint mir eine höchst bedenkliche Lücke in der neuen Ordnung unseres Kulturlebens zu klaffen. Wenn heute in maßgebenden Organen der Bewegung auf den immer noch erstaunlichen Anteil der Juden an der deutschen Wirtschaftsvertretung, namentlich im Auslande, hingewiesen und Behebung dieses Mißstandes gefordert wird, so erscheint es mir als Pflicht, auf den nicht minder gefährlichen Mißstand aufmerksam zu machen, der die Bemühungen der nationalsozialistischen Staatsführung, aus der Erkenntnis der deutschen Vergangenheit Kräfte für die Bewältigung der großen Aufgaben der Gegenwart zu gewinnen, zu einem nicht unwesentlichen Teile durchkreuzt. Es muß m.E. geradezu zu einer Aushöhlung der rassepolitischen Gesetzgebung des Dritten Reichs führen, wenn den Juden weiterhin die Benutzung der Archive und damit die Verwertung wertvollster Staats- und Volksüberlieferungen ermöglicht bliebe.
Daß diese Lücke bisher nicht ausgefüllt wurde, erklärt sich aus dem besonderen Charakter der Archivarbeit. Sie vollzieht sich in der Stille und in einem engeren Kreise, meist abseits vom täglichen Geschehen der Gegenwart, wenig beachtet von der Öffentlichkeit. Die Ergebnisse dieser Arbeit schlagen sich zunächst meist in rein wissenschaftlichen Werken nieder, die off erst nach längerer Zeit und auf dem Wege über volkstümlichere Darstellungen, Biographien, historische Romane in Buch und Presse auf die breitere Öffentlichkeit wirken. Gerade hierin sehe ich eine besondere Gefahr. Der jüdische Historiker, der etwa aus den Staatsakten der friderizianischen Zeit erstmalig die Grundzüge der preußischen Verwaltung des 18. Jahrhunderts entnimmt und die Ergebnisse dann in einem wissenschaftlichen Werke veröffentlicht, richtet zunächst vielleicht keinen direkten Schaden an. Aber da niemand seine Stoffauswahl und -bearbeitung nachprüfen kann, so wird sein Werk zur Grundlage zahlreicher weiterer Darstellungen, und seine Quellenauffassung bleibt maßgebend. Hiervon abgesehen erscheint es mir als Gebot nationaler Würde, deutsche Geschichte nur von Deutschen schreiben und dem Juden nicht den Einwand zu lassen, daß seine wissenschaftliche Mitwirkung auf diesem Gebiete eben doch unentbehrlich sei. Aber auch die politischen Gefahren dürfen m.E. nicht unterschätzt werden. Man kann gerade von den sogen, „anständigen“ Juden nicht erwarten, daß sie der Verlockung, auf dem ihnen zufällig noch verbliebenen und so wertvollen Felde der Geschichte ihren Einfluß zur Geltung zu bringen, vielleicht sogar sich an dem Wirtsvolkstum zu rächen, nur zu leicht erliegen.
Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es untragbar, daß Juden heute noch dem deutschen Volk bisher unbekannte Dokumente der inneren und äußeren Geschichte erschließen dürfen und daß dafür sogar staatliche Mittel aufgewendet werden. Selbst Bestreben nach Objektivität in Einzelfällen zugegeben, so ist doch keine Quellenbehandlung ohne eigenen Standpunkt möglich. Eine objektive Geschichtsdarstellung im Sinne völliger Be-ziehungslosigkeit zur gegenwärtigen politisch-kulturellen Lage war immer schon ein Unding, muß heute aber ausgeschlossen werden.
Abhilfe kann m.E. nur dadurch geschaffen werden, daß Juden und jüdischen Mischlingen die Benutzung des in den staatlichen Archiven enthaltenen historischen Quellenstoffes untersagt und somit auch auf dem Gebiete der Archivbenutzung der Arierparagraph durchgeführt wird. Der Einwand, daß dadurch bisweilen jüdische Frontkämpfer betroffen würden, kann nicht als stichhaltig gelten, da die in Frage kommenden Personen in dieser Eigenschaft ihre Bezüge weitererhalten, also durch staatliche Gegenleistung materiell gesichert sind. Rücksichten wissenschaftlich-ideeller Art und ein Anspruch auf Fortsetzung wissenschaftlichen Quellenstudiums in den Archiven mit der sich daraus ergebenden Einflußnahme können durch Frontkämpfereigenschaft nicht begründet werden. Wenn der Jude aus dem gesamten übrigen Kulturleben ausgeschaltet ist, so muß erst recht die deutsche Geschichtsforschung und -darstellung als die rassisch-weltanschauliche Grundlage unserer nationalen Existenz von ihm freigehalten werden.
Hiernach erlaube ich mir, den Antrag zu stellen, im Einvernehmen mit dem Herrn Preußischen Ministerpräsidenten dahin Verfügung treffen zu wollen, daß Juden die Benutzung der Archive außer zu familiengeschichtlichen Zwecken und zur Erforschung ihres eigenen Volkstums (in genauer zeitlicher und gegenständlicher Begrenzung) gesperrt wird.