Tagebucheintrag von Viktor Klemperer
Am 28. November 1941 hielt Viktor Klemperer in Dresden in seinem Tagebuch den Inhalt eines Briefes fest, den er aus Berlin von Lissy Meyerhof, der Schwester eines Jugendfreundes erhalten hatte, die überraschend in den Kreis der nach Riga zu Deportierenden aufgenommen worden war:
„Lissy Meyerhof unvermutet unter die zu Evakuierenden aufgenommen.4 Möbel zur Versteigerung beschlagnahmt, Transport (nach Polen oder Rußland) auf 27. November angesetzt, im letzten Augenblick verschoben, es heißt auf Januar. Man weiß nichts Genaues, nicht, wen es trifft, nicht, wann noch wohin. Täglich Nachrichten aus verschiedenen Städten, Abgang großer Transporte, Sistierungen, dann wieder Abgang, mit Sechzigjährigen, ohne Sechzigjährige - alles scheint Willkür. München, Berlin, Hannover, Rheinland [...] Das Heer braucht die Züge, das Heer gibt Züge frei [...] Alles schwankt, man wartet von Tag zu Tag. Heute ein eiliges Schreiben der Reichsvereinigung: Wer hat Kriegsauszeichnung? Soll das gegen Verschickung helfen?“