Jüdischer Wohnraum
Am 3. November 1939 teilt der Vorstand der Kölner Synagogengemeinde den Mitgliedern Folgendes mit:
Köln, den 3. November 1939
An alle Juden in Köln!
Betrifft: jüdischen Wohnraum.
Auf Anordnung des Herrn Oberbürgermeister der Hansestadt Köln wird folgendes mitgeteilt:
Soweit jüdische Hausbesitzer ihrer Meldepflicht gemäß Anordnung des Herrn Oberbürgermeister der Hansestadt Köln vom 7. August 1939 bisher nicht nachgekommen sind, wird eine Nachmeldefrist bis zum 15. November 1939 gewährt. Diejenigen jüdischen Hausbesitzer oder deren Vertreter, die nach Ablauf der Nachmeldefrist ihren jüdischen Hausbesitz noch nicht gemeldet haben, werden unnachsichtlich zur Verantwortung gezogen. Wie bekannt, sind die Meldebogen in unserer „Wohnungsberatung” Roonstr. 50, Zimmer 7, erhältlich und daselbst auch abzuliefern.
Freier sowie frei werdender Wohnraum in jüdischen Häusern ist sofort vom Hausbesitzer und vom Hauptmieter auf den vorgeschriebenen Formularen der Hansestadt Köln zu melden. Auch diese Formulare sind bei unserer Wohnungsberatung erhältlich und nur bei dieser abzugeben.
Es ist verboten und unter Strafe gestellt, daß jüdische Hausbesitzer, Hauptmieter oder Untermieter jeglichen freien oder frei werdenden Wohnraum vermieten, bezw. mieten und dann erst die nachträgliche Genehmigung beantragen. Nur die Stadtverwaltung hat das Verfügungsrecht über den jüdischen Wohnraum! Infolgedessen sind die jüdischen Hausbesitzer ebenso wie die jüdischen Mieter (einschl. Untermieter, Mieter möblierter Zimmer und Pensionäre) verpflichtet, sich bei jeder beabsichtigten Wohnungsveränderung an unsere Wohnungsberatung zu wenden und durch diese die Genehmigung der Hansestadt Köln zu erwirken. Insbesondere sind Umzüge auch innerhalb des jüdischen Wohnraums grundsätzlich unzulässig.
Die Preisbehörde der Hansestadt Köln weist ferner nochmals ausdrücklichst auf die Preisstoppbestimmungen hin. Sie hat festgestellt, daß in sehr vielen Fällen Mietpreise und Untermietpreise gefordert werden, die weit über das volkswirtschaftlich gerechtfertigte Maß hinausgehen. Falls derartige Verstöße in Zukunft festgestellt werden, wird die Preisbehörde den Mieter wie auch den Vermieter bestrafen.
Die Stadtverwaltung lehnt Verhandlungen mit einzelnen jüdischen Mietern oder Vermietern ab und verweist auf den vorgeschriebenen Weg durch unsere Wohnungsberatung. Diese steht wochentags (außer Samstags) in der Zeit von 9 bis 12 Uhr zur Verfügung.
Die Stadtverwaltung erhebt für die Wohnungsvermittlung eine Gebühr von 10 % der Monatsmiete, die vom Mieter zu zahlen ist.
Wir bitten, für Verbreitung dieser Anweisungen in den jüdischen Kreisen zu sorgen, zumal auch derjenige Jude betroffen wird, der aus irgend einem Grunde dieses Rundschreiben nicht erhalten haben sollte.
Der Vorstand
der Synagogen-Gemeinde Köln.