Erhebung von Ausgleichszahlungen bei der Entjudung nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitzes
Am 23. Oktober 1939 erlässt der Reichswirtschaftsminister folgende Anordnung:
Berlin W 8, den 23. Okt. 1939.
Betrifft: Erhebung von Ausgleichszahlungen bei der Entjudung nicht land- oder forstwirtschaftlich
genutzten Grundbesitzes.
Im Anschluß an die einschlägigen Bestimmungen des Ersten Durchführungserlasses zur Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 6. Februar 1939 - III Jd. I/2082/39 - (Reichsministerialblatt für Wirtschaft 1939, S. 229, Reichsministerialblatt für die innere Verwaltung 1939, S. 266) und meinen Runderlaß vom 19. Juni 1939 - III Jd. 15320/39 über die Erhebung von Ausgleichsabgaben bei der Entjudung von nicht landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken allgemein nach folgenden Grundsätzen zu verfahren.
1.) Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, angesichts der besonderen Erfordernisse des Entjudungsverfahrens den Verkehrswert von Grundstücken (vgl. Abschn. IV Ziffer 2 des Durchführungserlasses vom 6. Februar 1939 - III Jd. 1/2082/39 - folgendermaßen festzustellen:
a) Bei vollausgebauten Ertragsgrundstücken kann als Verkehrswert regelmäßig der Ertragswert angesehen werden. Der Errechnung des Ertragswertes ist ein Kapitalisierungszinsfuß von 5 ½ % zugrunde zu legen. In den übrigen Fällen (bei Bauland, Villengrundstücken usw.) ist der Verkehrswert nach den üblichen Grundsätzen für die Grundstückspreisbildung (insbesondere unter Berücksichtigung vorhandener Richtpreise festzustellen und zur etwaigen Nachprüfung im Beschwerdeverfahren entsprechend zu begründen. Häufig empfiehlt es sich, in diesen Fällen den Mittelwert zwischen Realwert und Ertragswert zugrunde zu legen.
b) Bei Beschwerdeberichten an mich ersuche ich, für die Berechnung des Verkehrswertes möglichst den anliegenden Vordruck - ggfs. mit entsprechenden Abänderungen - zu vermeiden. Dieser ist nach den Angaben beider Vertragsteile auszufüllen. Soweit die in erster Instanz entscheidende Behörde die Angaben nicht für richtig hält, sind diese derart zu berichtigen (Rotstift), daß die Angaben der Vertragsparteien erkennbar bleiben.
Zu dem Vordruck bemerke ich im einzelnen:
Die steuerliche Belastung ist so einzusetzen, wie sie nach der Entjudung entstehen wird. Steuerermäßigungen, die dem Erwerber gewährt werden, sind also bei der Berechnung des Verkehrswertes anzusetzen.
Unter Betriebskosten sind insbesondere die Kosten für Straßenreinigung, Bewässerung, Entwässerung, Müll- und Schlackenabfuhr, Schornsteinfegergebüren, Versicherung, Bewachung, Kohlenverbrauch, Hauswart usw. zu verstehen.
Die Instandhaltunsgskosten werden je nach dem baulichen Zustand des Gebäudes in der Regel 8-12 % der Rohmiete betragen.
Für Verwaltungskosten können 3-4 % der Rohmiete zugestanden werden.
Für Schönheitsreparaturen sind - soweit sie vom Eigentümer zu tragen sind - 3-4 % der Rohmiete angemessen.
Für die Abschreibung der Gebäude ist regelmäßig der im letzten Einkommensteuerbescheid zugelassene Abzugsbetrag sonst ½-1 % der Baukosten einzusetzen. Falls von diesem Satz abgewichen wird, ist die Abweichung zu begründen. Damit entfällt die Berücksichtigung eines vertraglich vereinbarten Tilgungssatzes.
Das Wagnis wird sich zwischen 2 und 4 % der Rohmiete bewegen, kann jedoch aus besonderen Gründen erhöhte werden.
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