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Chronik und Quellen
1935
August 1935

Die Gestapo Trier berichtet

Die Gestapo Trier berichtete über den Monat August 1935:

„Die bisher beobachtete Zurückhaltung der Juden hat, von einigen Ausnahmefällen abgesehen, angehalten. Die Versammlungstätigkeit war ausserordentlich gering. Lediglich in Bernkastel fand eine Versammlung in der Synagoge statt, in der ein Vortrag über rein weltanschauliche Dinge und über Auswanderungsfragen des Judentums gehalten wurde.

Gewaltakte gegen Juden und jüdisches Eigentum kamen allerdings in fast allen Kreisen des Bezirks vor. Im einzelnen sind nachfolgend aufgeführte Fälle bemerkenswert:

In der Nacht zum 24.8. wurde in Niederemmel in dem Hause des Juden Max Leib ein dickes Drahtseil, das die Zugtüre zum Heuboden bediente, durchschnitten, sodass die schwere Zugtüre zur Erde fiel. Ferner wurde in diesem Hause ein Fenster eingeworfen. In Saarburg begann die Aktion damit, dass die Häuser der Juden nachts mit Farbenstrichen gekennzeichnet wurden. In den folgenden Nächten wurden eine Reihe Fensterscheiben eingeworfen. An einem Musterungstage wurden zwei grosse Schaufenster eines jüdischen Kaufhauses von Dienstpflichtigen eingeschlagen. In Kirf sind in mehreren Nächten den Juden Fensterscheiben und Fensterläden eingeschlagen bezw. mit grösseren Steinen eingeworfen worden. In Freudenburg und Zorf sind gleiche Aktionen erfolgt. Die angegebenen Vorkommnisse veranlassten in der Gemeinde Freudenburg 43 Juden zum Wegzuge zu Verwandten in das Saarland, nach Luxemburg und Lothringen. Trotz des Verbotes der zuständigen Kreisleiter wurden die Ausschreitungen gegen die Juden nicht in allen Teilen des Bezirks eingestellt. Hier verdient besonders ein Fall Erwähnung, der sich ebenfalls in Freudenburg ereignete, wo aus einem geschlossenen Unterstellraum ein Kraftwagen eines Juden entwendet und auf einer Wiese in Brand gesteckt wurde. Die Ermittlungen nach den Tätern sind noch nicht abgeschlossen.

Im übrigen konnten mehrere Juden wegen staatsfeindlicher Äusserungen und Rassenschande von hier in Schutzhaft genommen werden.

Einflussreich im Kampfe gegen das Judentum ist nach wie vor die Propaganda des „Stürmer“. Auch die Anprangerung der Leute, die bei Juden kaufen, hat ihren Zweck nicht verfehlt. Die Kauflust der Bevölkerung in jüdischen Geschäften hat unbedingt merklich nachgelassen. Erforderlich ist dabei aber, dass die christlichen Geschäftsleute alles tun, um der Käuferschaft einen geeigneten und preiswerten Warenmarkt zu bieten. Das ist bisher vielfach nicht der Fall gewesen.“

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