Die Gestapo Trier berichtet
Die Gestapo Trier berichtete über die Monate Dezember 1934 und Januar 1935:
„Die Juden hielten sich in der Berichtszeit nach wie vor politisch völlig zurück. Die offizielle Versammlungstätigkeit der jüdischen Verbände hat wohl im Laufe des Monats etwas nachgelassen. Dagegen sind regelmässige, in kleinerem Rahmen gehaltene Vorträge und Lehr- und Diskussionsabende innerhalb der einzelnen Vereine und Gruppen zahlreicher geworden. Bei allen Veranstaltungen wird immer wieder darauf hingearbeitet, das jüdische Selbstbewußtsein und Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Trotzdem ist die Gegnerschaft der beiden maßgebenden Richtungen, der Zionisten und des Zentralvereins, unverkennbar.
Aus zahlreichen Bezirken wird berichtet, daß die Juden im Stillen planmässig und mit sichtlichem Erfolge bestrebt sind, verlorene Wirtschaftsgebiete wieder zurückzuerobern. So haben besonders in der Eifel die Juden wieder einen erheblich grösseren Einfluß auf den Viehhandel bekommen. Aus einem Orte des Kreises Wadern wird berichtet, daß dort an einem Tage 13 Parteigenossen bei einem jüdischen Händler Bestellungen gemacht hätten. Auch in den Städten zeigt es sich mehr und mehr, daß die Masse der kaufenden Bevölkerung, insbesondere die Frauen, in jüdischen Geschäften kaufen, solange ihnen dort für verhältnismäßig billiges Geld gute Ware geboten wird. In der Weihnachtszeit erfreuten sich die jüdischen Geschäfte in der Stadt Trier eines solchen Zulaufes, daß viele ihr bestes Weihnachtsgeschäft seit Jahren zu verzeichnen hatten.
Als Reaktion auf diese stärkere geschäftliche Tätigkeit der Juden wurden in Trier in den Weihnachtstagen an den Schaufenstern und Ladeneingängen sämtlicher jüdischen Geschäfte in der Innenstadt Schmierereien mit weißer Ölfarbe angebracht. Auch nichtjüdische Geschäfte, deren Inhaber wohl irrtümlich als Juden angesehen wurden, wurden in Mitleidenschaft gezogen und mit Inschriften wie „Saujude“ und „Wer bei Juden kauft ist ein Vaterlandsverräter“ usw. versehen. Ganz abgesehen davon, daß solche Vorkommnisse grundsätzlich verurteilt werden müssen, hat sich wieder gezeigt, daß durch diese Art der Judenbekämpfung nur das Gegenteil des beabsichtigten Zweckes erreicht wird. So ist es Tatsache, daß viele nichtjüdische Personen aus einem gewissen Protest gegen solche Vorfälle dazu veranlaßt werden, gerade in den betreffenden jüdischen Geschäften einzukaufen. Auch die christlichen Angestellten der betroffenen Firmen, die die Schmierereien am Morgen wieder beseitigen mußten, sind natürlich durch solche Vorkommnisse stark verärgert. Die Ermittelungen, die von der Kriminalpolizei eingeleitet worden sind, haben zu keinem Erfolge geführt.
Ein bedauerlicher Vorfall spielte sich kürzlich in Schweich (Landkreis Trier) ab. Dort veranlaßte der ehemalige Ortsgruppenleiter der NSDAP einige Kinder, eine schwarzweiß-rote Fahne, die vor dem Hause des im Krieg dreimal verwundeten, kriegsblinden Juden Ernst Salm anläßlich des Ausgangs der Saarabstimmung gehißt war, herunterzureissen. Dieser Vorfall rief die berechtigte Empörung der gesamten Bevölkerung, insbesondere der Frontkämpfer, hervor. Eine polizeiliche Untersuchung des Vorfalles ist eingeleitet.“