Die Gestapo Koblenz berichtet
Die Gestapo Koblenz berichtete über den Monat Dezember 1935:
„Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die Juden starke Zurückhaltung üben, was sowohl auf die Nürnberger Gesetzgebung als auch auf die Aufklärungsarbeit der Partei und ihrer Untergliederungen zurückzuführen ist.
Die jüdischen Geschäfte werden im allgemeinen gemieden. Wohl ist festzustellen, daß gerade die Landbevölkerung bei ihrem Besuch in der Stadt noch vorzugsweise jüdische Geschäfte aufsucht.
Die Kreisbauernschaften haben verschiedene Viehmärkte judenfrei gemacht, woraus andere Märkte, die noch von Juden aufgesucht wurden, Vorteile zu ziehen verstanden. Der Stallhandel soll aber ganz allgemein zum großen Teil noch von Juden getätigt werden.
Die zum Mittelstand zählenden jüdischen Geschäftsinhaber klagen alle über starken Geschäftsrückgang und sind bemüht, ihre Geschäfte zu verkaufen oder zu vermieten. Verschiedene jüdische Geschäftsinhaber haben die öffentliche Wohlfahrt in Anspruch genommen.
Das arrogante Wesen der Juden tritt immer noch in ihren Beschwerden an hiesige Dienststelle in Erscheinung. Sie bringen ihre Beanstandungen gewöhnlich durch den C.V. der Juden Deutschlands, Landesverband Köln, vor, wobei sie es an der erforderlichen objektiven Beurteilung fehlen lassen und jede Veranlassung gegen ihre Person oder ihr Geschäft verfolgt wissen wollen. Insbesondere wird immer wieder in den Vordergrund gestellt, daß in der Wirtschaft der Arierparagraph noch nicht eingeführt sei, wobei auf Ausführungen des Reichswirtschaftsministers Bezug genommen wird.
Verstöße gegen den Erlaß des R.M.d.I., der Einzelaktionen gegen Juden verbietet, sind kaum noch zu beobachten.
Infolge der Nürnberger Gesetze üben die Juden im Verkehr mit Arierinnen starke Zurückhaltung, und es ist kaum noch ein Jude in öffentlichen Lokalen mit arischen Mädchen zu sehen. Hinzu kommt die scharfe Beobachtung der Juden durch die Parteigenossen.
In Boppard, Krs. St. Goar, mußten 2 Juden in Schutzhaft genommen werden, weil sie Schweine, ohne im Besitz der erforderlichen Schlußscheine zu sein, schlachteten. Innerhalb der Bevölkerung war dadurch eine gewisse Unruhe entstanden.
Die zionistische Vereinigung propagiert erfolgreich die Abwanderung nach Palästina.
Der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten hingegen übt gegen die Auswanderung zumindest passive Resistenz. In der Öffentlichkeit allerdings ist eine derartige Agitation nicht festzustellen. Er steht auf dem Standpunkt, daß seine Mitglieder durch ihre Kriegsteilnahme Bürgerrechte hätten.
Der jüdische Kulturbund hält laufend Veranstaltungen ab, die gut besucht sind. Alle Veranstaltungen werden diesseits überwacht. Zum Einschreiten gaben sie noch keinen Anlaß. Die Redner verstehen es, die mosaische Religion als etwas Erhabenes und Hehres hinzustellen, wodurch der Menschheit schon viel Gutes getan worden sei. Sie weisen immer wieder auf ihre alte Kultur hin. Durch diese Agitation ist ein starker Zusammenhalt innerhalb der Juden selbst festzustellen.“